WÄHRUNG In Bristol kann man jetzt auch mit Bristol Pounds bezahlen: Doppeltes Pfund
Von Stephanie Ristig-Bresser und Ralph Bohlke
Bristol, die Hafenstadt im Südwesten Großbritanniens, galt schon immer als ein Hort von Querdenkern. Jetzt hat sie auch ihr eigenes Geld, und das liegt maßgeblich an ihrem Bürgermeister. George Ferguson, Besitzer einer Brauerei und mehrerer Pubs, hat sich dafür stark gemacht, dass Unternehmer ihre Gewerbesteuer auch mit dem Bristol Pound zahlen können.
Und dafür lässt sich Ferguson vor dem Wahlvolk und in der Lokalpresse feiern. Als Vorreiter, der sich selbst sein Gehalt in der Währung auszahlen lässt, die nur im Stadtgebiet gilt und mit der Landeswährung bis auf den Namen nichts gemein hat: Weder ziert den Bristol Pound die Queen, noch gibt ihn die Bank of England heraus.
2012 wurde die Zweitwährung erstmals ausgegeben, gestaltet von Bristols Bürger*innen, gedruckt von der örtlichen Sparkassenfiliale. 200 lokale Unternehmer*innen hatten die Initiatoren vorher von der Idee der Lokalwährung überzeugt. Den Händlern die anfängliche Skepsis zu nehmen, war die größte Hürde, erinnert sich Unterstützer Mike Lloyd-Jones: „Zu Anfang sind wir wirklich über Monate hinweg von Tür zu Tür gegangen und haben mit Händlern gesprochen.“
Heute ist Lloyd-Jones als Manager für den Bristol Pound angestellt. Er dankt dem Bürgermeister Ferguson für seinen Einsatz: „Dass George Ferguson in Sachen Bristol Pound so mitzieht, ist sicherlich ein Grund für den Erfolg.“ Dessen Brauerei war einer der ersten Firmen, die die Zweitwährung akzeptierte. Heute liegt die Zahl der beteiligten Unternehmer bei 800, 1,5 Million Bristol Pounds sind im Umlauf.
Nicht viel für eine Halbmillionen-Stadt, aber ein Anfang, findet Mitgründer Mark Burton: „Wir wollten ein Instrument schaffen, das das Potenzial hat, eine Schlüsselrolle bei der Transformation unserer lokalen Wirtschaft zu spielen.“ In diese Pläne ist die Stadt ausdrücklich miteinbezogen. Etwa bei der Abgabe der kommunalen Steuer. Indem Bürger ihren Anteil in der Lokalwährung zahlen, bleibt sichergestellt, dass die Stadtverwaltung das Geld bei lokalen Unternehmern ausgibt.
Ein Geldkreislauf, der Bürger und Stadt in Zeiten von Finanzkrisen und Bankencrashs miteinander verbinden soll. „Die Krisenfestigkeit von Gemeinden entsteht aus Kommunikation und Beziehungen“, sagt Rob Hopkins, Gründer der Transition-Town-Bewegung. „Bauernmärkte und Lokalwährungen stärken das, weil Leute miteinander agieren.“ Gemeinsamkeiten schaffen, die verbinden. Das erleben die Bewohner Bristols, wenn sie ihre Waren auch per SMS, Smartphone-App oder per Onlinebanking bezahlen.
Auch Brixton und Totnes haben ihren eigenen Pound eingeführt. Im Süden Deutschland, im oberbayerischen Landkreis Traunstein, akzeptieren mehr als 500 Unternehmen den Chiemgauer. Die Lokalwährung ist benannt nach der Region. Rund 30 solcher Regionalgeld-Initiativen gibt es bundesweit.
Was ihnen fehlt, ist jedoch die politische Unterstützung, die die Stadt Bristol dem Projekt gibt, zumindest teilweise. Bis Ende 2016 finanziert die EU den Bürger*innen Bristols das doppelte Pfund, nicht Bürgermeister Ferguson.
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