In ständigem Spagat

Bonns OB Bärbel Dieckmann soll SPD-Vizechefin werden

Seit elf Jahren ist sie das Gesicht des neuen Bonn – nun soll sie ein Gesicht der neuen SPD werden. Die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann ist vom designierten SPD-Parteivorsitzenden Matthias Platzeck für einen der fünf Vize-Posten nominiert worden. Mit dem als Finanzminister im Bundeskabinett gesetzten Ex-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück ist sie die zweite Person aus NRW im Stellvertreter-Kreis.

Die 56-Jährige regiert seit 1994 ununterbrochen als Oberbürgermeisterin der ehemaligen Hauptstadt. Bärbel Dieckmann verkörpert wie keine Andere die Transformation Bonns vom Regierungssitz zu Telekom- und UNO-City.

Während sie in Bonn als echte Prominenz gilt, ging Dieckmanns Aufstieg in der Bundespartei bislang ohne größere Resonanzausschläge vonstatten. Seit vier Jahren sitzt die Mutter von zwei Zwillingspaaren im Parteivorstand der SPD, im November 2003 wurde sie mit dem besten Ergebnis ins Parteipräsidium gewählt – übrigens gemeinsam mit einer Weggefährtin, die sie nun hinter sich lässt: Andrea Nahles. Die bei der SPD-Rechten als „Königsmörderin“ verschriene 35-Jährige hatte am Mittwoch erklärt, auf einen Vizeposten verzichten zu wollen. Im Gegensatz zu Nahles gehört Dieckmann keiner der einschlägigen Linksgruppierungen innerhalb der SPD an. Trotzdem soll auch sie bei der Kampfabstimmung zwischen Nahles und Münteferings Wunschkandidat Kajo Wasserhövel in der vergangenen Woche für Nahles als Generalsekretärin gestimmt haben – womit die parteipolitische Eruption ausgelöst wurde, die den Vorsitzenden Müntefering zum Rücktritt provozierte.

Für die Ehefrau des nordrhein-westfälischen SPD-Landesvorsitzenden Jochen Dieckmann (58) würde die Wahl zur Stellvertreterin Platzecks einen Karrieresprung bedeuten – oder vielmehr einen Karrierespagat; zur Bonner käme auch die Bundesbühne hinzu. Dieser Spagat dürfte der gebürtigen Leverkusenerin nicht allzu schwer fallen, sollte sie auf dem SPD-Parteitag in Karlsruhe tatsächlich gewählt werden. Schließlich hat sie als Bonner OB ständig Gelegenheit, sich auch auf internationalem Parkett zu bewegen. Am UN-Sitz, der im Bonner Regierungsviertel seit 1996 ausgebaut wird, fehlt sie bei fast keiner Konferenzeröffnung.SEBASTIAN SEDLMAYR