heute in Bremen
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„Buchpreisbindung bedroht“

TTIP & CETA Die Kultur diskutiert über Bedrohungen durch neue Freihandelsabkommen

Sonja Taubert

Foto: Privat

ist Mitglied beim globalisierungskritische Netzwerk attac in Bremen

taz:Frau Taubert, kann man überhaupt sagen, welche Gefahren der Kultur durch Freihandelsabkommen wie CETA und TTIP drohen? Da wird doch geheim verhandelt!

Sonja Taubert: Am Anfang der Verhandlungen wurden ja einmal Dokumente geleakt. Und klar ist auch, dass in einigen Bereichen der Kultur amerikanische Konzerne bestimmte Interessen verfolgen.

Die Bundesregierung hat ja bei CETA lange Entwarnung gegeben. Zu Unrecht?

Bei CETA ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kultur negativ betroffen ist, geringer. Beide Verhandlungsparteien, die kanadische wie die europäische Seite, haben bestimmte Bereiche ganz deutlich ausgenommen. Zudem hat Kanada die Unesco-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt der Kulturen unterzeichnet. Die USA haben das nicht gemacht. Dementsprechend ist im CETA-Vertrag diese Konvention schon in der Präambel zitiert. Die USA aber werden sich sicherlich stark dagegen wehren, diese Konvention in irgendeiner Weise in den TTIP-Vertrag mit aufzunehmen.

Was droht der Kultur also durch TTIP?

Die Buchpreisbindung kann bedroht sein, die Bildung, aber auch die kulturelle Förderung und die audiovisuellen Medien im digitalen Bereich.

Was heißt das konkret?

Letzteres betrifft den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und das Fernsehen, das sich ja auch stärker in den digitalen Bereich bewegt. Die USA möchten das nicht als Kulturgut, sondern als Telekommunikation behandeln, damit sie Inhalte leichter einspeisen können.

Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk existenzbedroht?

In einigen Jahren könnte er in der Form, in der wir ihn jetzt kennen, nicht mehr existieren.

Und auch keine Buchpreisbindung mehr.

Es steht zu befürchten, dass sie angegriffen wird. Die Politik sagt gar nicht, warum überhaupt über die Kultur verhandelt wird. Viele Kulturschaffende fürchten, dass dieser Bereich am Ende in einem Kuhhandel gegen Blinkerfarben oder dergleichen getauscht wird. Die Politik, sagt sie, schützt die Kultur, aber man weiß nicht, was am Ende der Verhandlungen herauskommt.

INTERVIEW: Jan Zier

19 Uhr, Kukoon, Buntentorsteinweg 29