Kita oder Hartz IV?

Koalitionsstreit Schäuble will Geld aus Herdprämie behalten, Schwesig fordert es für Familien

BERLIN taz | Damit war zu rechnen: Koalitionsstreit wegen der „Herdprämie“. Was soll mit den Milliarden passieren, die durch das Aus des Betreuungsgeldes frei werden?

Jens Spahn, parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, hat diese Frage bei der Haushaltsklausur der Koalitionsfraktionen am Dienstag beantwortet. Mit dem Geld werden „ungeplante Mehrausgaben“ wie etwa bei Hartz IV und beim Elterngeld abgedeckt, sagte der CDU-Politiker der Süddeutschen Zeitung. Damit verkündete Spahn nur, was sein Chef, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), seit Mitte Juli gefordert hatte. Damals kippte das Bundesverfassungsgericht die familienpolitische Leistung in Höhe von 150 Euro.

SPD-Familienministerin Manuela Schwesig hatte Schäubles Plan umgehend eine Absage erteilt: Das Geld müsse weiterhin den Familien zukommen, am besten sei das Geld beim Kita-Ausbau aufgehoben. Dies hat Schwesig am Mittwoch wiederholt: Die frei werdenden Mittel „dürfen nicht im Haushalt eingespart oder mit anderen Leistungen verrechnet werden“. Hartz IV und Elterngeld seien reguläre Leistungen. „Ich sehe keine Verbesserung für die Familien, wenn jetzt diese Kosten mit den Mitteln aus dem Betreuungsgeld gezahlt werden“, sagte die Ministerin.

Hier wird Schwesig nicht nur von ihren ParteikollegInnen unterstützt. Sönke Rix, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, beklagte, der Finanzminister bleibe „auf dem familienpolitischen Auge blind“. SPD-Chef Ralf Stegner meinte, die Familienförderung dürfe nicht Schäubles „Spardose“ sein. Ausgerechnet in Bayern findet Schwesigs Vorstoß Zuspruch. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer fordert das Geld, um damit das Landesbetreuungsgeld zu bezahlen.

Die Opposition wehrt sich sowohl gegen Schäubles als auch gegen Seehofers Pläne. Das Geld werde „in den Kitas dringend gebraucht, um eine gute Betreuung und Bildung für unsere Kinder zu garantieren“, sagte Franziska Brantner, familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Wenn es um Kinder gehe, sei Finanzminister Schäuble „besonders hartherzig“, kritisierte Gesine Lötzsch, Vizefraktionschefin der Linkspartei: „Er hat immer noch nicht verstanden, dass nicht die Bundeswehr die Sicherheit seiner Pension garantiert, sondern die Kinder, die heute einen Kita-Platz brauchen.“

Simone Schmollack