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Traumberuf Binnenschiffer

AUSBILDUNG Wer Binnenschiffer werden will, muss auf viel Freizeit verzichten, lernt dafür aber einen abwechslungsreichen und anspruchsvollen Beruf, der Zukunft hat

Bildunterschriftt Foto: TazText Light 7,5 Punkt

Dennis Olma macht sich keine Sorgen um seine Zukunft. Was ihm zumindest ganz am Anfang seiner Ausbildung zum Binnenschiffer Respekt einflößte, war seine Sicherheit, gesteht der 18-jährige Lüneburger. Er ist erst seit wenigen Wochen an Bord des Motorschiffs „Niedersachsen 8“, eines Binnenschiffs der Niedersächsischen Verfrachtungsgesellschaft mbH in Hannover.

Und da ist so ein Anlegemanöver schon respekteinflößend. „Meine Kollegen haben mir meine Angst aber schnell genommen“, sagt Olma. Teamarbeit und Arbeitssicherheit spielen an Bord eine große Rolle. Neben den grundlegenden nautischen Tätigkeiten wird das jedem jungen Mitarbeiter zu Beginn seiner Ausbildung vermittelt. In drei Jahren wird Olma gelernter Matrose sein, in weiteren drei Jahren kann er es bis zum Schiffsführer bringen.

Nach einem Ausbildungsplatz hat Olma nicht lange suchen müssen. Und dass es nach seiner Ausbildung auch noch genügend Arbeit für ihn gibt, daran hat er wenig Zweifel. Die Zahlen geben ihm recht: 2006 wurden rund 10 Prozent des Transportvolumens in Deutschland von Binnenschiffen geleistet.

Zwar litt auch die Binnenschifffahrt unter der Weltwirtschaftskrise. Seit einiger Zeit geht es aber wieder aufwärts. Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt meldet steigende Gütermengen und stabile Erlöse. Eine im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellte Mittelfristprognose für den Güterverkehr kommt zu dem Schluss, dass die Binnenschifffahrt bis 2017 ihre Marktposition „behalten und sogar etwas ausbauen kann“.

Und es gibt noch einen zweiten wirtschaftlichen Aspekt, der für die Binnenschifffahrt spricht: Die Ausbildung zum Binnenschiffer gilt als Ausbildung mit der höchsten Vergütung. Im ersten Lehrjahr gibt es rund 860 Euro, im zweiten schon fast 1.000, im dritten dann 1.115 Euro, wobei, so Olma, das auch von dem jeweiligen Betrieb abhänge.

Gereizt habe ihn aber etwas anderes: „Ich wollte einen abwechslungsreichen Beruf. Ich hatte schon immer ein gewisses Fernweh. Als Binnenschiffer kommt man viel herum. Ich habe in den letzten Wochen schon einiges von Deutschland gesehen, auch Ecken, in die man normalerweise nicht kommt.“

In den kommenden Jahren dürften noch einige neue Orte dazukommen. Der Löwenanteil der Ausbildung findet nämlich an Bord statt. Und Binnenschiffer sind in ganz Europa unterwegs, allein Deutschland hat über 7.000 Kilometer Wasserstraßen. Über 50 deutsche Großstädte werden von Binnenschiffen angelaufen.

Ohne Theorie geht es natürlich aber auch nicht. Der schulische Teil der Ausbildung besteht aus je einem dreimonatigen Block pro Jahr. Olma absolviert den am Schiffer-Berufskolleg in Duisburg, wo die Auszubildenden auf dem Schulschiff Rhein untergebracht sind und auch praktisch unterwiesen werden: Beiboot fahren oder Knoten und Spleißen steht auf dem Lehrplan.

So lernen die Azubis beizeiten den Lebensrhythmus der Binnenschifffer kennen, der für das Familienleben erhebliche Belastungen mit sich bringt: Beim Schiffstyp im Schichtsystem zwei zu eins ist die Besatzung in der Regel 28 Tage an Bord und 13 Tage zuhause, wer im Schichtsystem eins zu eins arbeitet, ist 14 Tage und Bord und hat 14 Tage frei.

Sich auf diese Arbeitszeiten einzulassen, ist neben einem mittleren Schulabschluss, Teamfähigkeit und dem Interesse an einem sehr breiten Aufgabenspektrum Einstiegsvoraussetzung für die Arbeit auf einem Binnenschiff.

Denn an Bord ist neben den nautischen Tätigkeiten auch die Wartung und Pflege der Maschine und Aggregate Teil der Arbeit. Und dann gibt es schließlich auf dem Schiff auch noch einen ganz normalen Haushalt zu besorgen. Andreas Schnell

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