Polizei entmachtet Security

VERTREIBUNG Bahn-Sheriffs verbieten Protest gegen die Verdrängung von Obdachlosen am Hauptbahnhofs-Vorplatz. Dann schreitet die Polizei ein

■ Die Vertreibung von Obdachlosen und Alkoholikern aus touristisch frequentierten Räumen ist ein Anliegen des SPD-Senats.

■ Nur der Streit um den Zaun unter der Kersten Miles-Brücke verhinderte, dass der Hauptbahnhofs-Vorplatz bereits 2011 privatisiert wurde. Ex-SPD-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber wollte mit dem Zaun Obdachlose von den Landungsbrücken vertreiben.

■ Seit dem 25. Oktober 2012 befindet sich der Hauptbahnhofs-Vorplatz unter der Kontrolle der Bahn. Hier kann die „DB Sicherheit“ ihr Hausrecht ausüben und Platzverweise erteilen.

Die Security der Deutschen Bahn am Hauptbahnhof wollte offenbar deutlich machen, wer Herr im Hause ist: Ketten von Hilfssheriffs der „DB-Sicherheit“ versperrten den Zugang zur Wandelhalle, als sich 200 Demonstrantinnen am Samstag vor dem Bahnhof versammelten. Sie wollten gegen die Vertreibung von Obdachlosen und Alkoholikern aus öffentlichen Räumen protestieren. Demonstranten und Verteiler von Flugblättern mit der Überschrift „Keine Macht den Bahnsheriffs“ wurden mit einem 24-stündigen Hausverbot belegt, das sie aber nicht befolgten.

Dann rückte die Polizei an und verkündete, dass sie die territoriale Gewalt über den Bahnhofsvorplatz übernommen habe und nunmehr wieder die Versammlungsfreiheit in Kraft sei.

Zu der Protestaktion gegen das Vertreibungskonzept am Hauptbahnhof, für die der Fernseh-Koch Tim Mälzer eine Gulaschkanone spendierte, hatten der Einwohnerverein St. Georg, kirchliche und gentrifizierungskritische Organisationen aufgerufen. Am 25. Oktober vorigen Jahres hatte der SPD-Senat und der zuständige Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) einen Vertrag vorgelegt, wonach die Verantwortung für die überdachten Anlagen des Bahnhofsvorplatzes der Bahn übertragen werden. Danach bleiben die Vorplätze verfassungsrechtlich zwar weiter öffentlicher Raum, die Security der Bahn kann aber von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und Menschen des Platzes verweisen, weil sie obdachlos sind oder Alkohol trinken. Der SPD-Senat hatte behauptet, dass es eine Absprache mit einem Runden Tisch der Sozialverbände gegeben habe, dies war aber nicht der Fall.

Zwar meinte der Einsatzleiter der Polizei am Samstag, dass sich die Demonstranten nicht auf das Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Frankfurter Flughafen berufen könnten, wonach das Demonstrationsrecht auf staatlichen und öffentlichen Bahnhöfen umfassend Anwendung findet. Dieses Urteil gelte nur für Frankfurt. Dennoch gestattete er auch einen Demonstrationszug durch die Wandelhalle.  KVA