Leuchten der Menschheit von Barbara Bollwahn
: Subtile Töne aus
dem Osten

So wenig wie in der DDR die deutsch-sowjetische Freundschaft verordnet werden konnte, so wenig kann man Ostler und Westler dazu verdonnern, sich füreinander zu interessieren. Ist nach 25 Jahren Wiedervereinigung die Luft raus? Unter dem Titel „Was ich dir immer schon mal sagen wollte“ ist im Christoph Links Verlag ein Buch mit 14 Ost-West-Gesprächen erschienen, die der West-Journalist Markus Decker geführt hat. Es kommen Ost- und West-Ministerpräsidenten zu Wort, ein ehemaliger Ost-Verteidigungsminister und ein früherer West-Generalinspekteur der Bundeswehr, eine Ost-Stasi-Landesbeauftragte, der West-Linksparteivorsitzende, ein West-Kabarettist und ein Ost-Liedermacher, Fußballer und andere.

Viele Gespräche plätschern so dahin, aber es gibt Ausnahmen, und das ausgerechnet bei Gesprächspartnern, die auf das Ost-West-Ding eigentlich keine Lust haben. Der Regisseur Andreas Dresen sagt im Gespräch mit dem Schauspieler Axel Prahl, dass er des Themas überdrüssig sei, und Prahl interessiert es nicht, wo in Berlin die Mauer stand. Dresen spricht dann doch mit Prahl, mit dem er befreundet ist, weil sie „das Thema noch nie behandelt“ haben. Dresen sagt, dass seine Filme überwiegend im Osten spielten, aber keine explizit ostdeutschen Geschichten erzählten. Auch in Castrop-Rauxel kämen Leute in eine Lebenskrise. Er attestiert dem Publikum „bei einer subtil erzählten Sicht auf den Osten“ relativ wenig Interesse: „Wo es in die Zwischentöne reingeht, wird es schwierig.“ Trotzdem müsse man es versuchen, „auch weil der Osten unter der mangelnden Aufarbeitung dieses gesellschaftspolitischen Versuchs leidet“.

Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Wilfried Kretschmann, nennt es im Gespräch mit seinem Thüringer Amtskollegen „schlimm“, dass der Osten keinen Verein in der Ersten Fußballbundesliga hat. Und der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, der in einem Gutshaus bei Neuruppin lebt, räumt gegenüber dem ehemaligen Verteidigungsminister Reiner Eppelmann ein, dass er zu seinen Nachbarn „keinen direkten Bezug“ habe. Die müssen dann mit dem Buch vorliebnehmen.

Die Autorin ist Schriftstellerin und lebt in Berlin