Keine Kisten weit und breit

Warenumschlag Hamburgs Hafen steuert in eine erneute Krise: Umschlag dramatisch gesunken

Um satte 35,9 Prozent ist der Warenumschlag mit Russland eingebrochen

Der Hamburger Hafen kriegt die Krise. Verluste von 6,8 Prozent im Containerumschlag musste die Hafen Hamburg Marketinggesellschaft (HHM) am Montag in ihrer Bilanz des ersten Halbjahres 2015 einräumen. Der Gesamtumschlag – inklusive Autos, Öl, Getreide und anderer Güter – reduzierte sich um 2,5 Prozent.

Drei Gründe gibt es für den Rückgang: sinkendes Wirtschaftswachstum bei den Haupthandelspartnern China und Russland, die EU-Sanktionen gegen das Reich Putins und die noch immer fehlende Elbvertiefung. „Diese droht zum Wettbewerbsnachteil zu werden“, warnt HHM-Vorstand Axel Mattern. Großcontainerschiffe könnten bis zu 1.800 mehr Stahlboxen nach Hamburg transportieren, wenn der Fluss nur tief genug wäre. So aber drohten weitere Umschlagsverluste an die Hauptkonkurrenten Rotterdam und Antwerpen.

Lediglich 4,5 Millionen Standardcontainer (TEU) wurden im ersten Halbjahr umgeschlagen, und Besserung ist nicht in Sicht. Mattern geht von 9,0 Millionen TEU im ganzen Jahr aus, so wenig wie zuletzt 2011. Im Vorjahr wurden noch 9,7 Millionen TEU auf den Terminals aus- und eingeladen. Damit fällt Hamburg im Vergleich zu Rotterdam (6,2 Millionen TEU) und Antwerpen (4,8 Millionen TEU) zurück, liegt aber noch weit vor Bremerhaven (2,7 Millionen TEU) und Wilhelmshaven (200.000 TEU).

China ist mit 29 Prozent Anteil Hamburgs größter Handelspartner, gefolgt von den Ostseeanrainern mit 21 Prozent. Im ersten Halbjahr aber ist der chinesische Außenhandel um 6,9 Prozent geschrumpft, und das kommt bei Chinas wichtigstem Europahafen Hamburg direkt an. Auch die wirtschaftliche Rezession in Russland, ausgelöst durch Sanktionen des Westens, sinkende Einnahmen im Öl­export und Verfall des Rubels, trifft Hamburg: Um 35,9 Prozent ist der Warenumschlag mit dem bisher zweitgrößten Handelspartner eingebrochen, im Ranking fiel er auf den dritten Platz zurück – hinter Singapur.

Hoffnung machen kurzfristig nur zwei Entwicklungen. Der Handel mit Süd- und Mittelamerika stieg um 34 Prozent an. Laut Matterns Vorstandskollegen Ingo Egloff ist dies auch ein Effekt des Zusammenschlusses der Hamburger Staatsreederei Hapag-Lloyd mit der chilenischen Frachtreederei CSAV. Und wenn Vattenfalls Kohlekraftwerk Moorburg mit einem Jahresbedarf von 4,2 Millionen Tonnen Steinkohle demnächst seinen vollen Betrieb aufnehme, würden sich zumindest die Kohleimporte nahezu verdoppeln. Sven-Michael Veit