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Zweckoptimismus der GläubigerWunderglaube in der Finanzkrise

Einen Primärüberschuss und Privatisierungserlöse könne Griechenland schaffen, meint der Chef des Eurorettungsschirms ESM Regling.

Der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM Klaus Regling ist gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland. Er will Hellas aber mehr Zeit geben, Kreditraten und Zinsen zu zahlen. Foto: dpa

Berlin taz | Nur ein einziges Mal ließ Klaus Regling eine Spur von Zweifel erkennen, als er sich am Donnerstag in Berlin den Fragen der Hauptstadtpresse stellte. „Ich kann keine Erfolgsgarantie abgeben“, sagte der Chef des Eurorettungsschirms ESM da zum kürzlich beschlossenen dritten Kreditpaket für Griechenland. Um gleich wieder zum Optimismus zurückzukehren: „Aber ich sehe gute Gründe für eine erfolgreiche Entwicklung.“

Diese Einschätzung zog sich durch die gesamten Ausführungen des Deutschen, der den 700 Milliarden Euro starken Rettungsfonds leitet: Griechenland werde schon in Kürze wieder einen deutlichen Primärüberschuss erzielen – also abgesehen vom Schuldendienst mehr einnehmen als ausgeben, zeigte sich Regling überzeugt. Dass durch die Privatisierung von Staatseigentum 50 Milliarden Euro erlöst werden können, sei realistisch. Und es sei „wahrscheinlich“, dass das Land noch vor Ablauf des dreijährigen Kreditprogramms an die Finanzmärkte zurückkehren könnte.

Zudem zeigte sich Regling zuversichtlich, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) doch noch mit bis zu 12 Milliarden Euro am Kreditprogramm beteiligen wird. Eine solche Beteiligung, die die Haftung der Eurostaaten reduzieren würde, ist besonders der deutschen Regierung wichtig.

Doch bei der Verabschiedung des Kreditpakets Mitte August hatte IWF-Chefin Christine Lagarde eine Beteiligung abgelehnt. Sie hält die Höhe der griechischen Schulden für „nicht tragfähig“ und fordert als Voraussetzung für eine Beteiligung eine deutliche Reduzierung der Schuldenlast. Das wiederum lehnt Deutschland entschieden ab.

Weiterer Aufschub denkbar

Auch Regling betonte in Berlin: „Ein Schuldenschnitt wird nicht auf der Tagesordnung stehen.“ Allerdings sei es denkbar, Griechenland bei der Zahlung von Zinsen und Tilgung noch weiteren Aufschub zu gewähren. „Das hat für den Schuldner den gleichen ökonomischen Effekt wie ein Schuldenschnitt“, sagte Regling. „Aber bei den Gläubigern entsteht dadurch keine Haushaltsbelastung.“

Ich sehe gute Gründe für eine erfolgreiche Entwicklung.

ESM-Chef Klaus Regling

Über Umfang und Laufzeit solcher Erleichterungen äußerte er sich nicht im Detail. Dass es um viele Jahrzehnte geht, deutete er nur mit einer Obergrenze an: „100 Jahre Laufzeit wären sicher absurd.“ Denkbar sei zudem, die Gewinne der Notenbanken aus den Griechenland-Krediten an Athen weiterzugeben.

Der Einschätzung, dass sich die Schuldentragfähigkeit auch ohne Schuldenschnitt verbessern lasse, habe sich inzwischen auch der IWF angeschlossen, sagte Regling. Wenn Griechenland die ersten Auflagen wie vereinbart umsetze, könne eine Entscheidung über Schuldenerleichterung und IWF-Beteiligung noch im Oktober fallen.

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2 Kommentare

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  • Im Großen ist es wie im Kleinen. Wenn irgendwo für jemanden Arbeitnehmer 12 Stunden am Tage für einen Hungerlohn schuften, dann könnte das so einen Ausbeuter motivieren, sie auch 14 Stunden lang für gleiches Geld schuften zu lassen, was aber nichts daran ändern wird, wenn sich ein socher bereits daran gewöhnt hat, auch noch Steuern und Abgaben zu hinterziehen.

     

    Das ist böse ausgedrückt, aber tatsächlich befindet sich Griechenland seit Jahren in einer vergleichbaren Situation. Was auch gefordert wird, dem Durchschnittsvolk nützt es nichts und die Einsparungen kommen nur dort an, wo sie auf gar keinen Fall hingehören.

  • Der Staat hat die Aufgabe dem Volk die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die es benötigt um sich selbst zu helfen! Eine Privatisierung mit Gewinnabsichten und Finanzierungskosten wird immer teuerer als Steuerfinanziert. Sie führt zu Gewinnoptimierung für Privatpersonen zu lasten der Qualität für des Volk.

    In Deutschland gab es einmal Bahnbeamte und die Bahn fuhr pünktlich. Auch Bankbeamte, die das Volk berieten und sich nicht aus Eigeninteresse

    bereicherten. Eine staatliche Infrastruktur darf nicht verkauft und damit dem Volk entzogen werden.

    Bleibt die Frage nach dem Ausverkauf Griechenlands ist sicher auch die Antwort von Bedeutung: wer profitiert davon und wer bereitet durch welche Maßnahmen den Rahmen, damit sich die Profiteure da so ungeniert bedienen können.

    In diesem Video Georg Schramm Der Krieg Reich gegen Arm  https://www.youtube.com/watch?v=ekd12tO9RNo wird es deutlich.

    Die Spekulanten z. B; Ab Minute 5 wird Warren Buffet mit dem Titel Krieg Reich gegen Arm zitiert, "Es ist die Klasse der Reichen, die diesen Krieg begonnen haben und auch gewinnen werden!"

    Sie werden Alles zu Schleuderpreisen erwerben und dann dem Volk entziehen oder zu "Markpreisen" verkaufen. CUI BONO ?

    Der Wunderglaube, "Einen Primärüberschuss und Privatisierungserlöse könne Griechenland schaffen, meint der Chef des Eurorettungsschirms ESM Regling" hat nichts mit Glaube sondern mit Interesse zu tun!

    Es scheint auch ein Deutsches Interesse zu geben? Da hilft nur sich den beteiligten Wirtschaftswissenschafter und Ex-Finazminister Varoufakis an zu hören.   http://yanisvaroufakis.eu/2015/08/27/in-conversation-with-leading-academics-as-syriza-splinters-and-election-beckons/