Verschnaufpause für Rösler

FDP Die Liberalen triumphieren bei der niedersächsischen Landtagswahl. Führungsdebatte über Bundesvorsitz und Spitzenkandidatur nicht vom Tisch

Dem Rekordergebnis vorausgegangen waren Wochen der Selbstzerfleischung

BERLIN taz | Erwartet worden war eine Zitterpartie. Doch nun hat die FDP in Niedersachsen es nicht nur locker über die Fünfprozenthürde geschafft. Sie hat mit etwa 9,7 Prozent, auch dank der Zweitstimmenkampagne der CDU, einen Rekordwert erreicht. Damit übertrifft sie sogar ihr Ergebnis der Landtagswahl von 2008 (8,2 Prozent). Nach Wochen der Selbstzerfleischung und schlechter Umfragewerte hatten damit bei den Liberalen zuletzt nur wenige gerechnet. „Selbstverständlich führt das auch zu einer Stärkung des Bundesvorsitzenden“, sagte der niedersächsische Spitzenkandidat Stefan Birkner an die Adresse des angeschlagenen Philipp Rösler.

Doch dessen Verbleib als FDP-Chef gilt trotz des Wiedereinzugs in den Landtag längst nicht allen in der Partei als gesichert. Ob Rösler an der Spitze bleibe, „entscheidet er selbst“, sagte der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki im ZDF. In den Tagen zuvor hatte der bei Personalentscheidungen mächtige Kubicki noch klargemacht, dass es unabhängig vom Ergebnis eine Personaldebatte geben müsse. So wie bisher könne es nicht weitergehen. Zumindest aber gewinnt der 39-jährige Rösler nun eine Verschnaufpause im parteiinternen Machtkampf. „Entschieden wird in den Gremien“, sagte der FDP-Generalsekretär Patrick Döring. „Ein Erfolg für Niedersachsen ist ein Erfolg für Philipp Rösler.“

Seit Monaten hat Rösler, der in Niedersachsen lebt und noch keine zwei Jahre im Amt ist, aus Sicht vieler nicht mehr – um im FDP-Jargon zu bleiben – „geliefert“. Als Aushängeschild im anstehenden Bundestagswahlkampf halten den 39-Jährigen viele deshalb für ungeeignet.

Am Freitag dann hatte der Fraktionschef Rainer Brüderle mit einer – mit Rösler angeblich nicht abgesprochenen – Forderung nachgelegt: Der Parteitag und die Neuwahl der FDP-Führung müssten vorgezogen werden. Dies hatte Spekulationen darüber angeheizt, ob Brüderle bloß die Personaldebatte schnell beenden oder Rösler den K.-o.-Schlag versetzen und sich selbst in Stellung bringen wollte.

Für Röslers Zukunft kursieren nun unterschiedliche Szenarien: So könnte er Parteichef bleiben, müsste dafür aber Brüderle als Spitzenkandidaten im Bundestagswahlkampf hinnehmen. Oder aber er verlöre den Parteivorsitz, dürfte dafür aber Bundeswirtschaftsminister bleiben. Dass er alle Ämter abgeben solle, davon war – am Wahlabend – keine Rede. HEIKE HAARHOFF