Windmühlen statt Schiffe

WERFTENSTERBEN Nach 106 Jahren liefern die Nordseewerke in Emden ihr letztes Containerschiff aus. In Zukunft sollen auf dem Gelände an der Mündung der Ems Offshore-Windanlagen gefertigt werden

Mit intelligenten Modellen braucht der Schiffbau nicht am Ende zu sein

Die „Frisia Cottbus“ wird die letzte sein. Am heutigen Freitag läuft das 228 Meter lange Containerschiff bei den Emder Nordseewerken vom Stapel. Der Neubau für die Reederei Hartmann im nahe gelegenen Leer ist der letzte Auftrag. Damit verabschiedet sich die Traditionswerft nach 106 Jahren endgültig vom Handelsschiffbau. „Da kommt Wehmut auf“, sagt Betriebsrat Erwin Heinks.

Der Werftenverbund Thyssen-Krupp hat die Nordseewerke zum Januar 2010 an den Windanlagenhersteller Siag Schaaf Industrie AG verkauft. Siag will dort Teile für Offshore-Windkraftanlagen herstellen. Von 1.250 Werftarbeitern wechseln gut 700 zu Siag, andere gehen vorzeitig in den Ruhestand. Nur ein kleiner Rest bleibt im Reparatur- und Ingenieurbereich von Thyssen-Krupp.

Die 1903 gegründeten Nordseewerke zählen zu den ältesten noch bestehenden Werften Deutschlands. Der Standort umfasst 550.000 Quadratmeter Freifläche und 75.000 Quadratmeter Produktionshallen. 1974 wurde die Werft von der Thyssen AG übernommen und firmierte ab 1976 als Thyssen Nordseewerke. Der Schwerpunkt lag bei U-Booten, Marine- und Handelsschiffen sowie beim Sonderschiffbau.

Heinks setzt große Hoffnung auf Siag-Chef Rüdiger Schaaf, der Tariflöhne zahlen und sich zum wichtigsten Zulieferer der Offshore-Branche entwickeln will. Im „Zukunftsvertrag“ habe man zudem erstritten, dass nach einem Jahr neu über die Auftragsvergabe im Thyssen-Krupp-Werftenverbund mit den weiteren Standorten bei HDW in Kiel und Blohm + Voss in Hamburg nachgedacht wird – etwa bei Marineschiffen wie Fregatten, Versorgern und U-Booten.

„Mit intelligenten Modellen braucht der Schiffbau auf dieser rundum intakten Werft nicht am Ende zu sein“, glaubt der Betriebsrat. Denkbar seien etwa Errichterschiffe für Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee: „Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.“ dpa/taz