Planet der Affen

„King Kong Club“: Die Gruppe Gob Squad steckt das Kampnagel-Publikum in Affenkostüme und filmt es. Ein Erfahrungsbericht

von Carolin Ströbele

Gleich zu Beginn wird klar – diesmal erwartet mich kein normaler Theaterabend: „An der Garderobe wirst du nicht nur deinen Mantel ablegen, sondern auch deine ganze Geschichte“, kündigt die britisch-deutsche Performance-Gruppe Gob Squad ihr aktuelles Programm „King Kong Club“ auf Kampnagel an. Ich vertausche also meine Jacke gegen ein Ganzkörperkostüm aus rot-braunem Pannésamt plus Affenmaske. Schon nach kurzer Zeit habe ich meine Begleitung aus den Augen verloren, Männer und Frauen unterscheiden sich plötzlich kaum noch.

Alle Affen müssen sich nun aufreihen: „Ihr steht hier an für den legendären ‚King Kong Club‘ – den besten Club in Town“, erklärt einer der Organisatoren auf Englisch – ebenfalls unkenntlich gemacht durch seine Maske. Während ich noch an meinem neuen Affenschwanz herumnestle, packt mich einer aus dem Gob-Squad-Team und verkündet: „So, du bist der Türsteher!“ Neu ausgestattet mit schwarzer Lederkluft und dicker Goldkette, baue ich mich vor der Tür zum „Club“ auf und genieße zum ersten Mal die Anonymität hinter der Maske und das Gefühl, dass die Identitäten verwischen.

Es wird nicht die einzige Rolle sein, die ich im Laufe dieses Abends spielen werde. Jede Szene wird vom Gob-Squad-Team kurz erklärt und dann gefilmt – das Ergebnis ist ein etwa halbstündiger Film, der „nur ein einziges Mal in dieser Form“ gezeigt wird, wie das Team betont.

Das Spiel mit Rollen und Masken fasziniert die Gruppe Gob Squad, die gerade ihr zehnjähriges Bestehen feiert: In Hamburg führten sie bereits ihre Nachtwache-Aktion Room Service auf – die Zuschauer begleiteten dabei die vier Akteure von zehn Uhr abends bis vier Uhr morgens durch deren einsame Stunden in anonymen Hotelzimmern.

Bei „King Kong Club“ macht die Truppe die Besucher zu Schauspielern. Und vermittelt dadurch umso deutlicher, welchen Mechanismen man als Zuschauer ausgesetzt ist. Tatsächlich fällt einem als Amateur-Mime mit jeder Szene stärker auf, wie sehr die eigene Wahrnehmung durch den täglichen Medienkonsum geprägt ist. Und dass man erschreckenderweise genau die Stereotypen spielt, die einem vorgegeben werden.

Das ist es auch, was Gob Squad durch das Spiel mit Klischee-Rollen zeigen wollen: Wie sehr wir „mit falschen Hoffnungen und vorproduziertem Verlangen abgefüllt“ sind. Wenn man ganz ehrlich ist, hat man ja auch all diese Rollen schon mal im realen Leben gespielt: Den sexistischen Rowdy, die oberflächliche Blondine, das abgebrühte Party-Tier. Nur wurde man sich selten so bewusst, dass man auch da oft eine Maske trägt.

Nächste Vorstellungen: 5., 10.+11.11., 20 Uhr, Kampnagel. Buch zum zehnjährigen Bestehen von Gob Squad: „The Making of a Memory“, Berlin 2005, 208 S., 14,50 Euro