Stadt beginnt Pflegeheim-Ausverkauf

Privatisierung eingeleitet: Hamburgs defizitärer Betrieb „pflegen & wohnen“ gliedert Zentren für Alte und Pflegebedürftigte aus. Senat startet Suche nach Käufer und versichert, wichtiger als der Preis sei das Wohl von Mitarbeitern und Bewohnern

von Eva Weikert

Nächste Woche erscheinen europaweit in Zeitungen Verkaufsanzeigen für die zwölf staatlichen Hamburger Pflegeheime. Der Aufsichtsrat des städtischen Unternehmens „pflegen & wohnen“ (p&w) hat am Donnerstag beschlossen, den Bereich Pflege rechtlich zu verselbständigen und als Tochter-GmbH jetzt feilzubieten. Das berichteten die zuständigen Senatsmitglieder, Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram und Kassenwart Wolfgang Peiner (beide CDU), gestern im Rathaus. Einstimmig erklärten sie, Bieter zu bevorzugen, die eine „qualitativ hochwertige“ Versorgung der Bewohner garantieren würden. Peiner: „Es geht nicht darum, einen maximalen Kaufpreis zu erzielen.“

Für die rund 2.800 Heimbewohner ändere sich zunächst nichts, ergänzte Schnieber-Jastram. Mittelfristig erwarte sie eine Verbesserung der Versorgung: „Wir glauben, dass Bewohner und Mitarbeiter von der Privatisierung profitieren.“

Die kompetente Pflege der Zentrenbewohner habe bei der Käufersuche „oberste Priorität“. Bereits heute seien 80 Prozent aller Einrichtungen für Alte und Pflegebedürftige in privater oder freier Trägerschaft. Gesetze und Verträge über die Betreuung würden für alle gleichermaßen gelten und Qualitätsstandards sichern, so die Senatorin: „Die Vorstellung, jeder kann machen, was er will, ist falsch.“ Grundsätzlich habe der Senat das Ziel, das derzeitige Angebot an Pflegeeinrichtungen zu erhalten.

Die Tochter „pflegen & wohnen Betriebs GmbH“ übernimmt alle 1.600 Mitarbeiter des Pflegesektors. Geschäftsführung und Personalrat haben vertraglich vereinbart, dass es bis Ende 2009 keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. Generell ist der Personalrat aber gegen die Privatisierung. Unter anderem fürchtet er, dass ein neuer Betreiber die Tarifverträge nicht einhält.

Peiner zufolge liegen noch keine Kaufangebote vor. „p&w“ steckt tief in den roten Zahlen. Das Defizit aus ungedeckten Pensionsrückständen, aufgelaufenen Verbindlichkeiten und Verlusten beträgt nach Angaben des Senators rund 347 Millionen Euro (siehe Kasten). Weil niemand bereit wäre, diese Altlasten zu übernehmen, habe man die Tochter-Gmbh davon freigehalten. Anders etwa als einst der Landesbetrieb Krankenhäuser könne sie mit finanziell bereinigter Bilanz offeriert und leichter verkauft werden: „Wir gehen von vielen Interessenten aus.“

Der Senat sei offen für Gebote aus der ganzen Welt. Der Investor solle 100 Prozent der Anteile an der Pflege GmbH erwerben. Peiner nannte drei Bedingungen: „Ausgewiesene“ Erfahrung im Betrieb vergleichbarer Einrichtungen, ausreichend Kapital und die Bereitschaft, Unternehmenszentralen hier anzusiedeln. Weil die Heime sanierungsbedürftig sind und zum Teil neu gebaut werden müssen, seien Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe aufzubringen. Ein Mindestgebot wollte Peiner nicht nennen.

Die letzte Entscheidung über die Privatisierung ist der CDU-dominierten Bürgerschaft vorbehalten, der der Senat den entsprechenden Antrag nach Abschluss der Kaufverhandlungen im Laufe 2006 vorlegen will.