„Die Hälfte hat den Sprung geschafft“

Digitale Technik hat nicht alles verändert, sagt Ditmar Schädel. Bewährte Qualitätskriterien haben auch heute noch Gültigkeit. Doch der Arbeitsmarkt ist umkämpft. Deshalb hat eine gute journalistische Ausbildung Gewicht

taz: Fotografie eröffnet unterschiedliche Arbeitsfelder. Welche Wege führen dorthin?

Ditmar Schädel: Nach wie vor der Klassiker: Eine technische Ausbildung im Handwerk, sei es bei einem Fotografen, in einem Großlabor, in einem Studio. Alternativ zur Lehre gibt es die Diplomstudiengänge an mindestens 15 Fachhochschulen, die unterschiedliche Schwerpunkte haben: Bildjournalismus, Reportage oder Dokumentation, Werbe- oder Modefotografie. Wie im Handwerk zielt die Ausbildung an einer FH auf die angewandte Fotografie. Anders das Studium an einer Kunstakademie, wo die künstlerische Fotografie im Vordergrund steht, das konzeptionelle Arbeiten. Als vierte Möglichkeit bieten sich halbstaatliche oder private Fotoschulen an, bei denen teils die technische, teils die bildjournalistische oder konzeptionelle Auseinandersetzung mit der Fotografie das Curriculum bestimmen.

Wie offen sind die Zugänge zu Ausbildungs- oder Studienplätzen?

Der Markt ist eng, Fotografie zählt noch immer zum Trendberuf. Beispielsweise kommen auf 150 Studienplätze hier in der Uni Duisburg rund 1.500 Bewerber. Allerdings müssen solche Zahlen vorsichtig bewertet werden, weil sich viele sicherheitshalber mehrfach bewerben.

Haben sich Ausbildungsinhalte mit der Digitalisierung der Fotografie verschoben?

Knapp 170 Jahre Fotogeschichte sind nicht verloren gegangen! Trotz bequemerer und schnellerer Produktionsprozesse bestimmen bewährte Qualitätskriterien, ob ein Bild gut, mittelmäßig oder schlecht ist. Heute muss jedoch eine fotografische Ausbildung dazu befähigen, neben der analogen auf jeden Fall auch die digitale Aufnahmetechnik und Bildbearbeitung kompetent einzusetzen. Alles andere ist unrealistisch.

Wie haben Fotografen älterer Jahrgänge die technische Entwicklung bewältigt?

Eine Umstellung gerade im Bildjournalismus sowie im Studio- und Werbebereich musste zwangsläufig erfolgen, um nicht vom Markt verdrängt zu werden. Vielfach zu beobachten ist, dass Profis in bestimmten Bereichen weiterhin analog fotografieren, aber die Vorteile der digitalen Weiterverarbeitung gerne wahrnehmen. Ich denke, die Hälfte der Kollegen hat den Sprung geschafft.

Wie sehen heute die Jobchancen für Fotografen aus?

Es gibt zunehmend Autodidakten, die als Quereinsteiger auf einem engen Markt mit ausgebildeten Fotografen konkurrieren. Kunden und Arbeitgeber achten nicht unbedingt auf das erstklassige Diplom, sondern auf Praxiserfahrung, relevantes Know-how und Erfolg. Aber meiner Erfahrung nach findet man eine größere Qualität in der Masse derjenigen Fotografen, die eine gute fotografische Ausbildung absolviert haben.

INTERVIEW: VERENA MÖRATH