Berliner Flüchtlingspolitik: 500 Flüchtlinge, 2 neue Ideen
Das Flüchtlingskonzept, das Sozialsenator Czaja (CDU) am Dienstag vorstellte, bringt wenig Neues. Dagegen punktet der Regierende Bürgermeister mit einem Koordinierungsstab zur schnellen Hilfe.
Es ist eine Zusammenfassung bereits bekannter und teils begonnener Maßnahmen: das Flüchtlingskonzept für Berlin, das Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Dienstag nach der Senatssitzung präsentierte. Die Einführung einer elektronischen Chipkarte für schnellere Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden, der Ausbau von Unterbringungen und der Stellenausbau bei der Erstanlaufstelle im Lageso (Landesamt für Gesundheit und Soziales) sind längst beschlossen. Absichtserklärungen wie mehr Sprachförderung und bessere berufliche Integration von Flüchtlingen werden sich in der Zukunft beweisen müssen, andere wie die zeit- und ortsnahe Beschulung von Flüchtlingskindern sind Selbstverständlichkeiten.
Wirklich neu sind damit eigentlich nur zwei Punkte des 30-Seiten-Konzepts: Flüchtlinge dürfen jetzt studieren - woran sie bisher das Aufenthaltsrecht hinderte. Und: Die Berlinpässe zur Inanspruchnahme von Förderung aus dem an SchülerInnen gerichteten Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) des Bundes sollen künftig an den Schulen selbst ausgestellt werden. Das spart Eltern den bisher nötigen Gang zum Bezirksamt - und damit lange Wartezeiten. Konkret: Kinder aus Flüchtlingsfamilien werden künftig schneller am Schulessen und an Ausflügen teilnehmen können, statt lange auf die für die Übernahme der Finanzierung nötigen Papiere zu warten.
Den Hunderten Flüchtlingen, die derzeit täglich unter sengender Sonne vor dem Lageso auf die Annahme ihrer Anträge warten, um überhaupt ein Obdach und Versorgung zu bekommen, wird das auf die Schnelle nicht helfen. Das soll ein ebenfalls am Dienstag vom Senat beschlossener und präsentierter Koordinierungsstab Flüchtlingsmanagement, der das umsetzt, was Czaja schon seit Monaten vergeblich zu erreichen versuchte: eine verpflichtende Zusammenarbeit aller Dienststellen auf Landes- wie auf Bezirksebene, die an der Lösung von Problemen der Flüchtlingsunterbringung und -versorgung beteiligt sind. Dass das nun geht und Czaja als federführender Senator des neues Stabes sogar Personal anderer Verwaltungen rekrutieren und landeseigenen Unternehmen Weisungen erteilen kann, ist wohl dem Eingreifen des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) zu verdanken. Der hatte, nachdem Ende vergangener Woche die Notlage vor und im Lageso eskalierte, die Initiative ergriffen. Der neue Koordinierungsstab soll unter anderem die Prüfung von baurechtlichen und Brandschutzvorschriften bei der Einrichtung neuer Unterkünfte sowie die Arbeitsabläufe im Lageso beschleunigen. Auch den „reibungslosen Ablauf des Verfahrens der Rückführung bei der Ausländerbehörde“ soll der Stab sicherstellen. Konkret bedeutet das: mehr und schnellere Abschiebungen.
Die Opposition steht Czajas Konzept äußerst skeptisch gegenüber. „Der Senat hat es versäumt, heute eine nachhaltige Strategie zum humanitären Umgang mit Flüchtlingen in Berlin vorzulegen“, so der Fraktionsvorsitzende der Linken Udo Wolf. Die Maßnahmen griffen zu kurz, „sind zu unkonkret und kommen viel zu spät“, sagt Fabio Reinhardt, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piraten. Dass dem neuen Koordinierungsstab mit Czaja ausgerechnet einer der Hauptverantwortlichen für die derzeitige Notlage vorstehe, lasse alle Hoffnung auf eine Besserung der Lage schwinden, so Reinhardt.
Allein die IHK hält das Konzept für einen ersten Schritt in die richtige Richtung: Es greife wichtige Themen wie Unterbringung, Gesundheitsversorgung, Sprachförderung und Arbeitsmarktintegration auf, aber es bedürfe inhaltlicher Ergänzungen.
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