Microsoft will wieder Standards setzen

SOFTWARE Windows 10 macht es Kunden schwerer, Konkurrenzprodukte zu nutzen

„Als solle die Wahl des Nutzers weg­geworfen werden“

Chris Beard, Mozilla

BERLIN taz | Das neue Betriebssystem Windows 10 bringt nicht nur Datenschutzprobleme mit sich – es überschreibt mitunter auch Einstellungen, die Nutzer in ihrem alten System gemacht haben. Das kritisiert Chris ­Beard, Vorstand bei Mozilla, in einem offenen Brief an den Microsoft-Vorstand Satya Nadella.

Mozilla ist vor allem für seinen Open-Source-Browser Fire­fox bekannt. Beard nennt die Einstellung des Standard-Browsers als Beispiel für seine Kritik: Wer in seinem alten System Alternativen zum Windows-Browser – sei es Firefox, Opera oder Googles Chrome – als Standard genutzt habe, der könne nach dem Update plötzlich Microsofts hauseigene Software als Standard vorgesetzt bekommen. Nämlich dann, wenn er während des Updates die alten Einstellungen nicht erneut als Standard auswählt.

„Das Update-Design macht den Eindruck, als solle die Wahl, die der Nutzer einst getroffen hat, weggeworfen und ersetzt werden durch das, was Microsoft für den Nutzer will“, kritisiert Beard in dem Schreiben. Zwar sei es möglich, die Standardeinstellungen bei einem System-Update beizubehalten, gibt Beard zu. Doch das sei nicht sofort zu erkennen, eine spätere Wiederherstellung brauche etwas technisches Vorwissen.

Microsoft widerspricht nicht in der Sache – nur in der Bewertung. Das System wolle dem Nutzer eine „einfache Update-Erfahrung“ ermöglichen, erklärt eine Sprecherin.

Es ist nicht das erste Mal, dass Microsoft wegen seines Umgangs mit der Browser-Auswahl in die Kritik gerät. 2013 verurteilte die EU den Konzern zu einer Zahlung von einer halben Milliarde Euro, weil er eine Ankündigung, verschiedene Browser zu bieten, temporär nicht umgesetzt hatte.

Microsoft hatte sich damals verpflichtet, seinen Kunden in Europa bis 2014 einen Auswahlbildschirm mit mehreren Browsern anzuzeigen. Damit sollte verhindert werden, dass ein Windows-Nutzer automatisch den hauseigenen Browser Internet Explorer installiert bekommt. Die EU-Kommission wertete es als Erfolg, dass alleine innerhalb der ersten neun Monate, in denen die Auswahl zur Verfügung stand, 84 Millionen Browser über den Bildschirm heruntergeladen wurden.

In den vergangenen Jahren hat sich der Markt allerdings geändert – zumindest in einer Hinsicht. Die meisten Nutzer bevorzugen mittlerweile Googles Browser Chrome. Allerdings ist Microsoft immer noch das weltweit am meisten genutzte Betriebssystem auf PCs. Die nächsten Monate werden also zeigen, ob Microsofts Update-Politik etwas an den Marktanteilen verschiebt. SVE