Hohe Haftstrafe für Zinsmanipulation

Finanzkriminalität Im Libor-Skandel ist der erste Manager verurteilt. Die Deutsche Bank zittert noch

Erst Bank, dann Knast: Zinsmanipulator Tom Hayes Foto: Augstein/ap

LONDON/BERLIN dpa/taz | Das britische Gericht Southwark Crown Court hat im Skandal um die Manipulation des Liborzinssatzes den ersten Beteiligten verurteilt. Der einstige Starhändler Tom Hayes muss wegen „Verschwörung zum Betrug“ für 14 Jahre ins Gefängnis.

Der Zinssatz Libor gibt die Kosten an, zu denen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Er wird täglich von der British Bankers’ Association festgelegt. Dafür melden die Geldhäuser, welche Zinsen sie zahlen müssen – aber geheim. So sind Manipulationen möglich.

Hayes soll im Zentrum eines Rings aus Banken und Händlern gestanden haben, die zwischen 2006 und 2010 mit sogenannten Derivaten auf die Zinsentwicklung gewettet und für ihre Banken enorme Gewinne erzielt haben. Der 36-Jährige hatte bei polizeilichen Vernehmungen zunächst ein Geständnis abgelegt, um nicht in die USA ausgeliefert zu werden – dort hätte ihm eine erheblich höhere Strafe gedroht. Vor Gericht widerrief er das. „Ich habe an einer branchenweiten Praxis teilgenommen, die vor meiner Ankunft bei UBS anfing und nach meinem Verlassen von UBS weiterging“, sagte er.

An den Manipulationen waren mindestens zehn Großbanken beteiligt. Etliche mussten Strafen in Milliardenhöhe an Behörden in London, Washington und Brüssel zahlen. Darunter die UBS, die Citigroup und die Deutsche Bank. Der ehemalige Chef der Deutschen Bank, Anshu Jain, war einst als Verantwortlicher für die Investmentsparte auch für den Bereich zuständig, in dem die Zinsen manipuliert wurden. Eine persönliche Beteiligung kann ihm nicht nachgewiesen werden. Doch die Affäre führte mit zu seiner Ablösung.

Auch danach ist die Libor-Affäre für die Deutsche Bank nicht ausgestanden. Frankfurter StaatsanwältInnen ermitteln gegen fünf Mitarbeiter des Instituts. Die Finanzaufsicht Bafin wirft Managern vor, Kontrollpflichten verletzt und die Aufklärung des Skandals verschleppt zu haben. Die Deutsche Bank hat dazu Stellung der Behörde genommen. „Wir befinden uns im Anhörungsverfahren“, sagte ein Bafin-Sprecher.

Die Deutsche Bank rechne im Herbst mit dem Abschlussbericht der Bafin, sagte ein Sprecher. Im schlimmsten Fall muss sie damit rechnen, dass die Aufsicht Manager abberuft.

Die Kette der Skandale, in die die Bank verwickelt ist, reißt nicht ab. Im Juni wurden Vorwürfe wegen Geldwäsche-Verdachts in Moskau laut. Russische Kunden sollen mithilfe der Bank Rubel im Wert von 6 Milliarden US-Dollar gewaschen haben. Daher ermittelt nun auch das US-Justizministerium gegen die Bank. Anja Krüger

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