„Böse Erinnerungen, böse Gegenwart“

Gedenken In der KZ-Gedenkstätte Neuengamme erinnerten Roma an die Vernichtung durch die Nationalsozialisten. Sie forderten, Deutschland solle Verantwortung übernehmen und Roma ein Bleiberecht geben

Rund 30 Roma haben am Sonntag in der KZ Gedenkstätte Neuengamme der Vernichtung der Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten gedacht. Sie legten weiße Rosen am Mahnmal nieder und entrollten die internationale Flagge der Roma. Weltweit erinnern Roma-Organisationen am 2. August an den Holocaust.

Im KZ Neuengamme wurden mehrere hundert Sinti und Roma inhaftiert und ermordet, darunter der Boxer Johann Trollmann sowie Roma aus Jugoslawien. Insgesamt ermordeten die Deutschen etwa 500.000 Sinti und Roma. Allein aus Hamburg wurden seit 1940 über 1.200 Sinti und Roma nach Osten in Richtung der Vernichtungslager, deportiert.

Organisiert wurde das Gedenken am Sonntag von der Gruppe „Roma Jekipe Ano Hamburg – Vereinigte Roma Hamburg“. Vor zwei Wochen hatten sie in Hamburg mit 500 Menschen für ein Bleiberecht demonstriert. Viele von ihnen sind akut von Abschiebung bedroht.

„Wir sehen, was Deutschland damals mit den Roma gemacht hat“, sagt Isen Asanowski, ein Sprecher der Gruppe, „heute sind wir freiwillig hier und gelten immer noch als Asoziale“. Roma würden in Bayern und womöglich auch bald in Hamburg in eigenen Sonderlagern gesammelt. „Wir haben das Gefühl, der Zweite Weltkrieg ist noch nicht vorbei“, so Asanowksi. Mitorganisator Zlatko Ristic sagte, Deutschland müsse die Verantwortung für die Schuld übernehmen und Roma ein Bleiberecht geben: „Wir wollen endlich da leben dürfen, wo wir sicher sind.“

Die Künstlerin Peggy Parnass sprach am Mahnmal von „bösen Erinnerungen“ und einer „bösen Gegenwart“: Roma, Juden und Homosexuelle würden nicht mehr getötet, „aber bis heute diskriminiert, ausgegrenzt und weggeschoben“. Parnass ist Jüdin, ihre Eltern wurden in Treblinka ermordet.

Das Mahnmal in Neuengamme gibt es seit 1965, ein Dokumentenhaus entstand 1981. In ihrer heutigen Form besteht die Gedenkstätte erst seit 2005. Noch bis 2006 nutzte Hamburg das Gelände – und teilweise ehemalige KZ-Gebäude – als Gefängnis.

Neuengamme ist auch in der jüngsten Vergangenheit mit dem Protest der Roma für ein Bleiberecht verbunden: Im Februar 1989 etwa traten einige Roma im Dokumentenhaus gegen Abschiebungen in den Hungerstreik, im Oktober 1989 besetzen mehrere hundert Roma das Gelände, bis die Polizei sie vertrieb. 1993 verhinderte die Polizei eine erneute Besetzung durch ein Großaufgebot.

Am 5. August will die Gruppe ab 16 Uhr am Hamburger Flughafen gegen Sammelabschiebungen protestieren. JPB