Die Allianz der Rückführer

Asyl Parteiübergreifend sprechen sich Landespolitiker für strengere Asylregeln für Menschen aus Balkanländern aus. Klar ist: Überall fehlt Geld für deren Unterbringung

Feldbetten in einer bayerischen Notunterkunft. Sieht so das bessere Leben aus? Foto: David Ebener/dpa

von Simone Schmollack

BERLIN taz | Sollen AlbanerInnen in Deutschland Asyl bekommen? Geht es nach Politikern wie Ralf Jäger von der SPD, lautet die eindeutige Antwort: Nein. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen sieht es als dramatisch an, dass die Frauen und Männer in diesen Ländern den Versprechungen von Schleppern Glauben schenkten, Haus und Hof verkauften und sich auf den Weg in den Westen machten. Mit dem Ziel, dauerhaft dort zu bleiben.

Von den 114.125 Flüchtlingen, die von Januar bis April in Deutschland Asyl beantragt haben, kamen 11.416 aus Albani­en. Fast doppelt so viele wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Der Anstieg hat in der Tat damit zu tun, dass den Menschen vermittelt wird, in Deutschland erwarte sie ein leichteres Leben als in ihrer Heimat: besser wohnen und arbeiten, ein bisschen Luxus. Aber das ist ein Irrglaube. AlbanerInnen bekommen in Deutschland kein Asyl. Der Bal­­kan­staat ist seit der Wende im Ostblock 1989 keine Diktatur mehr, in der Menschen zu Unrecht verfolgt und inhaftiert werden. Die Probleme, die das Land hat – Korruption, Drogen, Armut, Wohnungsnot –, gelten in Deutschland nicht als Asylgrund.

So ähnlich verhält es sich auch mit Montenegro und dem Kosovo. Für den NRW-Innenminister Jäger und andere PolitikerInnen Grund genug, mit Menschen aus diesen Balkanstaaten ebenso zu verfahren wie mit denen aus Albanien: schnelleres Asylverfahren, Rückführung, die Staaten als sichere Herkunftsländer einstufen.

Das sieht auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen so. Ebenso Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier. Der fordert außerdem, Flüchtlingen statt Taschengeld nur noch Sachleistungen zu geben. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef, Horst Seehofer, hatte vorgeschlagen, in Bayern spezielle Aufnahmelager für Balkanflüchtlinge einzurichten. Darüber hinaus wird über eine neue Visumspflicht für diese Länder debattiert.

Wenn es um die Frage geht, wer in Deutschland erfolgreich Asyl beantragen kann, bildet sich derzeit eine eigenartige, parteiübergreifende Allianz heraus: Grüne, Union, SPD – in jeder Partei gibt es BefürworterInnen für strengere Asylregeln für Balkanländer. Selbst die Integrationsbeauftragte des Bundes, Aydan Özugu (SPD), findet, dass der Vorschlag aus Bayern „eine Idee“ sei.

CSU-Chef Seehofer schlägt Aufnahme­lager für Balkanflüchtlinge vor

Das war vor einiger Zeit noch anders: Als der Grüne Kretschmann im vergangenen Herbst im Bundesrat dafür gestimmt hatte, Serbien, Mazedonien und Bosnien als sichere Herkunftsländer einzustufen, ging ein Aufschrei durchs Land. Von Zynismus war die Rede, von „Realitätsbeugung per Gesetz“ und davon, dass mit diesem Beschluss die Rechtspopulisten bedient würden.

Mehr als 450.000 AsylbewerberInnen werden in diesem Jahr in Deutschland erwartet. Überall fehlen Unterkünfte, mancherorts müssen Flüchtlinge in Zelten hausen. Um ihre Unterbringung zu bezahlen, verhandeln Bund und Länder. Erst im Juni hatte der Bund zugesagt, statt der geplanten 500 Millionen Euro den Ländern nun 1 Milliarde Euro für Flüchtlingshilfe zukommen zu lassen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sowie NRW-Innenminister Jäger fordern, der Bund solle den Ländern eine Pro-Kopf-Pauschale zahlen.

Der Grüne Kretschmann spricht mittlerweile von „maßgeschneiderten Einwanderungsangeboten“ für Menschen vom Balkan. Er hat gut ausgebildete Fachkräfte im Blick, die hierzulande dringend gebraucht werden: Pflegepersonal zum Beispiel. Aber das ist Arbeitsmigration und etwas völlig anderes.