kommentar von Wolf-Dieter Vogel über Massengräber in Mexiko
: Freihandel über Leichen

Erst jüngst verkündete die EU, man werde den Freihandelsvertrag mit Mexiko modernisieren

Die Meldung führt auf die falsche Spur: Bei der Suche der im letzten September im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero verschwundenen Studenten habe man inzwischen 129 Leichen in Massengräbern gefunden, informierte am Sonntag die Generalstaatsanwaltschaft (PGR) des Landes. Es sind jedoch nicht die Strafverfolger, die diesen fragwürdigen Erfolg für sich verbuchen können.

Die Angehörigen von Verschwundenen selbst waren es, die durch die Berge zogen, um nach ihren verscharrten Brüdern oder Söhnen zu suchen. Viele, die sich seit letzten Herbst rund um die Stadt Iguala auf die Suche machten, vermissen ihre Angehörigen schon seit Jahren. Kein Beamter hatte sie ernst genommen, neben dem Desinteresse mussten sie oft noch Demütigungen ertragen.

Unter den gefundenen Leichen befindet sich keiner der 43 jungen Männer, die am 26. September 2014 von Polizisten festgenommen und dann Kriminellen ausgeliefert wurden. Bis heute können die Behörden nicht erklären, was mit den Lehramtsanwärtern passiert ist. Dennoch wollte die PGR die Ermittlungen bereits im Januar für beendet erklären.

Dass die Regierung bemüht ist, den Angriff möglichst schnell in Vergessenheit geraten zu lassen, ist naheliegend. Schließlich hat er die korrupten und gewalttätigen Verhältnisse Me­xikos ungeschönt offengelegt, während Präsident Enrique Peña Nieto ein sicheres Investitionsland anpreist. Und das auch noch mit Erfolg: Erst jüngst verkündete die EU, man werde den Freihandelsvertrag mit Mexiko modernisieren. Von der Einhaltung der Menschenrechte, die laut Vertrag die Grundlage für die seit dem Jahr 2000 bestehende Kooperation bildet, war nicht die Rede. Das Gegenteil wäre nötig: Solange täglich Menschen mit Duldung von lokalen, regionalen oder auch föderalen Regierungen verschwinden oder gefoltert und getötet werden, muss die Zusammenarbeit mit Mexiko auf Eis gelegt werden.