Vom Haus in den Park oder ins Auto

WOHNEN Aus der Grunewaldstraße 87 in Schöneberg sind fast alle Romafamilien vertrieben. Viele seien obdachlos, klagen Berater in einem offenen Brief

Mit einem offenen Brief protestiert die Organisation Amaro Foro gegen den Umgang des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg mit geräumten BewohnerInnen des Hauses Grunewaldstraße 87. In dem heruntergekommenen Quergebäude hatten zeitweise bis zu 200 rumänische Roma gelebt, die vom Vermieter nach und nach auf die Straße gesetzt und mehrheitlich obdachlos werden. Amaro Foro fordert vom Bezirksamt unter anderem, die Familien unterzubringen, die in Parks und Autos übernachten. Der Verein berät Roma aus dem Haus. Den Brief an Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) und So­zial­stadträtin Sibyll Klotz (Grüne) haben zehn weitere zivilgesellschaftliche Organisationen unterschrieben, darunter die Mietergemeinschaft Kotti & Co. und der Migrationsrat Berlin, ein Dachverband von Migrantenorganisationen.

Laut Amaro Foro leben derzeit noch vier Romafamilien im Haus. Die übrigen hätten nach teils massiven Drohungen der Hausmeister ihre Wohnungen verlassen, für die einige mündliche oder schriftliche Mietverträge besaßen und Miete bezahlten, wie der Anwalt Benjamin Düsberg berichtet, der mehrere der Mietparteien vertritt.

Der Antwort auf eine Anfrage zufolge, die Stadträtin Klotz am Mittwoch der Bezirksverordnetenversammlung vorlegte, sind derzeit noch 3 von 42 Wohnungen in dem betroffenen Gebäudeteil bewohnt. 12 Familien mit insgesamt 57 Personen seien in Pensionen, Hostels oder Fe­rien­wohnungen untergebracht. In elf Fällen übernehme das Jobcenter, in einem das Sozialamt die Kosten. Andere aus dem Haus verdrängte Familien hätten keine Ansprüche auf Sozialleistungen wie Unterbringung, heißt es in Klotz‘ Antwort. Mit dem Verlangen, auch diese Familien zu versorgen, fordere Amaro Foro „Dinge ein, die nicht zu leisten sind“.

Die Beratungsorganisation kritisiert in ihrem Brief auch, obdachlosen Familien werde mit Kindesentzug gedroht. In Klotz‘ Bericht heißt es, „vo­rübergehende Inobhutnahmen“ von Kindern hätten stattgefunden „und werden, wenn notwendig, erneut durchgeführt“, um den Kindesschutz zu sichern. Es seien auch 36 Kinder mit Schulplätzen versorgt worden.

Auch für den Vorschlag von Anwalt Düsberg, das Haus vorübergehend unter bezirkliche Zwangsverwaltung zu stellen, sieht Klotz‘ Verwaltung keine Rechtsgrundlage. Die Stadträtin fordert stattdessen vom Senat eine Novellierung des Wohnungsaufsichtsgesetzes mit dem Ziel, Fehlnutzungen von Wohnraum unter Strafe zu ­stellen. AKW