„Nicht nur ein pures Abwerfen“

Sommerserie Trendsportarten (4) Zielen und Werfen: Heiko Kreuzburg hat in dem nordischen Spiel Kubb seine Leidenschaft gefunden. Er erklärt, was das auch als Wikingerschach bekannte Spiel mit Schach zu tun hat und warum die Schweden sauer auf ihn sind

„Recht einfach zu verstehen, schwer umzusetzen“: Heiko Kreuzburg spielt Kubb Foto: Karsten Thielker

Interview Ronny Müller

taz: Herr Kreuzburg, wer im Sommer durch den Park läuft, sieht häufiger Menschen mit Holzklötzen werfen. Was steckt dahinter?

Heiko Kreuzburg: Kubb ist ein nordisches Spiel, das in Schweden in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts aufkam. Seit 15 bis 20 Jahren ist es auch in Deutschland verbreitet. Rostock und Berlin waren da die ersten Städte, es ist quasi über die Ostsee zu uns rübergeschwappt.

Es ist also noch ein recht junger Sport.

Ja, es gibt zwar immer Gerüchte, dass es ein sehr altes Spiel ist, aber ich denke mal: Leute haben schon immer mit Hölzern auf andere Sachen geworfen, oder mit Äxten oder Steinen. Werfen und zielen, das ist die Grundidee von Kubb.

Klingt recht simpel. Was ist der Coup daran?

Wenn man es von außen betrachtet, scheinen die Regeln recht kompliziert. Wenn man es spielt, merkt man: Es ist doch recht einfach zu verstehen, aber schwer umzusetzen.

Wie lassen sich die Regeln kurz zusammenfassen?

Man wirft mit einer Art Staffelstäben auf eckige Klötze, genannt Kubbs, und wenn man die gegnerischen Klötze alle getroffen hat und zum Schluss als Erster den König in der Mitte abwirft, hat man gewonnen. Das Problem ist, dass man das in der Regel nicht alles auf einmal schafft. Dadurch kann ein Spiel schon mal länger dauern. Bei Anfängern kann sich eine Partie auch mal über zwei Stunden hinziehen. Normalerweise geht eine Partie so zwischen zwanzig und dreißig Minuten, bei erfahreneren Spielern reichen mitunter auch fünf.

Was gilt bei Kubb als schwierigste Übung?

Das Schwierigste ist, die vom Gegner abgeworfenen Kubbs so ins Feld zurückzuwerfen, dass sie möglichst eng beieinanderliegen und man sie schnell wieder abwerfen kann, oder es sind die Würfe über acht, neun Meter, die ein Kubbfeld misst.

Es trägt den Beinamen Wikingerschach. Welche Parallelen hat es zum Schach?

Worum geht‘s bei Kubb? Mit viel Auge und dem richtigen Schwung die Holzklötze des Gegners abräumen.

Wer ist schon dabei? Alle, denen bloßes Rumsitzen im Park zu langweilig und Fußball zu anstrengend ist.

Wo geht‘s ab? Am besten auf einer freien Rasenfläche. Auf Schnee oder im Sand lässt es sich aber auch spielen. Nicht zu empfehlen ist Kubb auf Split oder Beton, da dort die Wurfhölzer zu schnell kaputtgehen.

Was braucht es dafür? Neben der Freifläche ein Kubb-Set. Das sollte am besten aus Gummibaumholz oder einem anderen Hartholz sein und kostet zwischen 18 und 60 Euro.

Was bringt‘s? Spaß, besonders in Gesellschaft von Freunden.

Man kann Schachelemente darin sehen, dass es nicht nur ein pures Abwerfen ist. Kubb hat durchaus auch strategische Elemente. Die erschließen sich einem aber erst, wenn man es ­länger spielt.

Andere spielen im Park Fußball oder Frisbee. Was fasziniert Sie an Kubb?

Kubb habe ich 2007 das erste Mal auf einem Gartenfest einer Freundin gespielt, und ich fand das so spannend, dass ich den ganzen Abend nichts anderes mehr gemacht habe. Ich habe früher Billard gespielt – Erste Bundesliga, fand das aber irgendwann langweilig, weil es immer drinnen war. Dann habe ich sieben oder acht Jahre lang keinen Sport mehr auf diesem Niveau betrieben und mit Kubb wieder einen Präzisionssport gefunden, den ich auch draußen betreiben kann. Das ist klasse.

Sie haben mit Ihrem Team in den vergangenen beiden Jahren die alljährlich im schwedischen Gotland ausgetragene Weltmeisterschaft gewonnen – 2013 als erstes nichtnordisches Team überhaupt. Sind die Schweden da sauer?

Die sind sehr sauer. Ich hab auch schon gehört, sie wollen in diesem Jahr ein so starkes Team bilden, dass es ihnen gelingt, den Titel zurückzuerobern.

Sie sind mit ihrem Sohn zusammen Weltmeister geworden. Gibt es innerhalb der Familie Konflikte um die Spieltaktik?

Natürlich. Es ist schwieriger, mögliche familieninterne Probleme außen vor zu lassen und sich nur auf das Spiel zu konzentrieren. Andererseits hat es auch den Vorteil, dass man seine Mitspieler sehr gut kennt und weiß, wie man miteinander umzugehen hat. Das ist in dem Spiel auch wichtig, wenn man sich abstimmen muss und dann die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen sehr gut kennt.

In Zeiten, in denen Sie viel Kubb spielen – gibt es analog zum Tennisarm einen Kubb­arm?

Heiko Kreuzburg

46, ist in Berlin-Friedrichshain geboren. Er arbeitet als Bankangestellter. Gemeinsam mit seiner Freundin und seinem Sohn spielt er im Berliner Kubb-Team „Gipfelstürmer“. Neben Kubb macht Kreuzburg auch Karate und spielt Volleyball.

Den gibt es. Ein Freund von mir hat im vergangenen Jahr eine Sehnenscheidenentzündung gehabt. Das ist durchaus möglich, da muss man dann ein bisschen weniger spielen.

Die Wurfhölzer können schon auch eine heftige Geschwindigkeit erreichen. Schon mal versehentlich jemanden verletzt damit?

Ich noch nicht, aber mein Sohn, der schafft das öfter. Jeder gute Kubbspieler weiß, dass die Hölzer an den Schienbeinen schon wehtun.

Warum sollte jeder einmal Kubb gespielt haben?

Ich hab noch keinen erlebt, der gesagt hat, es macht überhaupt keinen Spaß.