Anmeldung für Sex und andere Kuriositäten

Gewerbe Alle Prostituierten sollen sich künftig anmelden. Das sieht das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz vor. Die Verhandlungen zwischen Union und SPD verlaufen schleppend. Die Kommunen befürchten einen erheblichen Verwaltungsaufwand

Auch wer seinen Wohnwagen nur ab und zu zum Bordell umfunktioniert, soll dieses Gewerbe künftig anmelden Foto: Ole Spata/dpa

von Simone Schmollack

BERLIN taz | Prostitution ist eine „sozial unwertige Tätigkeit“. So sieht man das in München. Zumindest im Gewerbeamt, wo sich Gewerbetreibende anmelden müssen: Wirte, KioskbetreiberInnen, EisdielenbesitzerInnen. Prostituierte müssen das bislang nicht tun.

Das könnte bald anders sein. Denn Prostituierte sollen sich künftig anmelden, und zwar beim Gewerbeamt oder einer Ordnungsbehörde. So sieht das der Entwurf zum sogenannten Prostituiertenschutzgesetz vor.

Jetzt soll das geplante Gesetz, noch bevor es im September ins Kabinett gehen soll, verschärft werden. So müssen sich künftig nicht nur Frauen und Männer, die vom Sexgewerbe leben, anmelden, sondern auch Gelegenheitsprostituierte. Tun sie das nicht, sollen ihnen bei Kontrollen erhebliche Strafen drohen.

So wollen es CDU und CSU – und so will es jetzt auch die SPD. Die für das Gesetz zuständige Familienministerin, Manuela Schwesig (SPD), hat laut Spiegel dem Drängen der Union nach einer Verschärfung nachgegeben.

Grundlage für das Gesetz ist der Koalitionsvertrag, die Verhandlungen zwischen den Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD verlaufen allerdings schleppend. Die Union will ein restriktiveres Gesetz, die SPD fährt eine liberalere Linie .

So zeigte sich Unions-Fraktionsvize Nadine Schön zufrieden über das jüngste Verhandlungsergebnis. Mit der Anmeldepflicht für alle würden „kriminelle Strukturen“ durchbrochen, sagte sie. Zudem gebe es keine „Schlupflöcher“: Jede und jeder SexarbeiterIn würde nun erfasst. Damit werde verhindert, dass sich unangemeldete Prostituierte bei Kontrollen damit herausreden, sie gingen „nur gelegentlich“ anschaffen. Das Familienministerium äußerte sich auf taz-Nachfrage nicht.

Wie hoch die Strafen für unangemeldete SexarbeiterInnen sein sollen, ist nicht bekannt. Unklar ist ebenso, wie die Anmeldung konkret aussehen soll. Derzeit debattieren Union und SPD dem Vernehmen nach verschiedene Szenarien: Sollen sich Prostituierte in der Kommune anmelden, wo sie vorrangig arbeiten? Oder überall? Oder an einem Hauptsitz und drei Nebensitzen?

So oder so könnte das zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand und möglicherweise zu datenschutzrechtlichen Problemen führen: Müssen Daten an andere Kommunen übermittelt werden, wenn SexarbeiterInnen nur in einer Kommune meldepflichtig sind, aber beispielsweise während einer Messe in einer anderen Stadt arbeiten? Dürfen sie überhaupt dort ar­beiten, wenn sie nur die Erlaubnis für ihren Hauptarbeitsort haben? Müssen sie sich eine Ausnahmearbeitserlaubnis holen?

Manche Kommunen sehen der wachsenden Bürokratie bereits mit Schrecken entgegen: Es mangelt an Personal und Geld. Das Gewerbeamt in München reagiert pragmatisch. „Wenn es einen Beschluss gibt, dass wir zusätzliches Personal zu Verfügung stellen sollen, dann stellen wir das zur Verfügung“, meint ein Mitarbeiter gegenüber der taz.

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