Solarboom hält auch Atomfans bei der Stange

Erneuerbare Energien haben für die NRW-Landesregierung keine Priorität. Die Förderung von Windkraft will die schwarz-gelbe Koalition begrenzen. Solarenergie jedoch ist eine High-Tech-Branche mit guten Wachstumsprognosen

Die Ökostrombranche in NRW ahnte nichts Gutes, als im Frühsommer CDU und FDP in ihrer Koalitionsvereinbarung die Eckpunkte künftiger Energiepolitik präsentierten. Was die Windkraftnutzung betrifft, haben Anlagenbauer und Stromwirte heute allen Grund, die geplanten Neuregelungen zu fürchten. Die Düsseldorfer Landesregierung will die „Überförderung der Windenergie“ und den „Wildwuchs von Anlagen“ beenden und über eine Änderung des Baugesetzbuches erreichen, dass der Bau von Windrädern erschwert wird. So sollen Anlagen nach dem Willen der Koalition nur noch in Industriegebieten oder auf extra ausgewiesenen Flächen genehmigt werden, der Abstand zu Wohngebäuden soll mindestens 1.500 Meter betragen.

Auch die Betreiber von Biogas-Anlagen und Solarfirmen reagierten nach dem schwarz-gelben Wahlsieg im Mai und angesichts einer drohenden CDU-FDP-Regierung in Berlin mit Skepsis; Solarzellen- und Photovoltaikanlagenhersteller etwa profitieren derzeit vom bestehenden „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG), wonach Strom aus alternativen Energien von den Elektrizitätswerken zu einem festen, lukrativen Preis von bis zu 57,4 Cent pro Kilowattstunde abgenommen werden muss. Inzwischen hat sich die Aufregung gelegt, von einer großen Koalition in Berlin erwartet die Branche keine gravierenden Veränderungen. „Photovoltaik ist High-Tech, darauf will auch die Union nicht verzichten“, sagte nach der Bundestagswahl Carsten König, Geschäftsführer der Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS), die rund 500 Firmen der Branche vertritt. „Außerdem sind Opposition und Regierung bei der Solarenergie nicht so weit auseinander.“

Das Geschäft mit der Sonnenenergie brummt, und es verheißt durch den Preisanstieg bei fossilen Brennstoffen Wachstum ohne Ende: Bis zum Jahre 2010 prognostizieren Experten für Deutschland einen jährlichen Umsatz von 4 Milliarden Euro und 90.000 Arbeitsplätze in der Solarwirtschaft. Bis 2010 soll der Anteil aller regenerativen Energien an der Stromerzeugung auf 12,5 Prozent ansteigen. Es gibt, wie Bernhard Hoffschmidt vom Solar-Institut Jülich vor kurzem befand, angesichts der Entwicklungen beim weltweiten Ressourcenverbrauch und beim Klimawandel auch „gar keine Alternative zu einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien“. Und an die Adresse der NRW-Landesregierung: „Die Politik kann sich diesen Realitäten nicht verschließen.“ HENK RAIJER