Arbeitskampf im Advent

Geschäftsträchtige Vorweihnachtszeit macht Einzelhändlern Sorge – weil Tarif-Einigung noch aussteht

Dieses Jahr ist es besonders zäh: Im Einzelhandel stehen sich Arbeitgeber und Gewerkschaften so unversöhnlich gegenüber wie lange nicht mehr. Bereits im Juli hatte der deutsche Einzelhandelsverband den Manteltarifvertrag gekündigt. Heute beginnt für die 57.000 Beschäftigten des Hamburger Einzelhandels die bereits sechste Tarifrunde. Die Verhandlungen wurden seit dem Beginn im April von Warnstreiks begleitet. Sollte es heute wieder keine Annäherung geben, gilt eine Ausweitung der Streiks als wahrscheinlich. Und das, wo doch das Weihnachtsgeschäft naht.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert eine Lohnerhöhung von 3,5 Prozent, ein Mindestgehalt von 1.500 Euro sowie die Übernahme von Auszubildenden in die Betriebe. „Dem kann nicht entsprochen werden“, so Thomas Lemke, Geschäftsführer des Hamburger Einzelhandelverbandes. Grund: die katastrophale wirtschaftliche Lage.

Ein weiterer zentraler Streitpunkt ist die Einführung von so genannten Öffnungsklauseln. Diese sollen es dem Arbeitgeber ermöglichen, Arbeitszeiten und die Auszahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld an die Erfordernisse des Betriebes anzupassen. „Verdi blockiert das“, behauptet Lemke. In vielen anderen Branchen wie etwa der Metallindustrie seien solche Regelungen bereits gang und gäbe.

Dem widerspricht Sabine Bauer von Verdi Hamburg: „Wir sperren uns nicht prinzipiell gegen vorübergehende Einschnitte.“ Wenn es „die wirtschaftliche Situation eines Betriebes erfordert“, sei man zu Verhandlungen bereit. Verdi bestehe aber auf einem Mitspracherecht. Nur wollen das die Arbeitgeber bislang nicht einräumen.

Zum ersten Mal seit langem fallen die Verhandlungen in die geschäftsträchtige Vorweihnachtszeit. Streik wäre jetzt ein effektives Druckmittel. Von Verdi gab es hierzu noch keinen Kommentar. „Ich hoffe jedenfalls nicht, dass das die Strategie von Verdi ist,“ so Lemke. „Die Vorstellung in der Weihnachtszeit bestreikt zu werden, ist schrecklich für die Betriebe“.

Benjamin Moldenhauer