Porträt
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Pfeift jetzt in der 3. Liga: Riem Hussein  Foto: dpa

Die Zweite ihrer Art

Das dichte Haar etwas nach vorn gekämmt, das weiße Sportshirt akkurat in die Trainingshose gesteckt: Cool und selbstbewusst stellt sich Herbert Fandel den Journalisten – stop: Ziemlich genau so, in einer Variante mit Pferdeschwanz, meint ein Großteil der deutschen Sportpresse einen Artikel über Riem Hussein beginnen zu müssen, die vergangene Woche als zweite Schiedsrichterin im deutschen Profifußball vorgestellt wurde. Die schöne Frisur von Herbert Fandel, der als Vorsitzender der DFB-Schiedsrichter-Kommission Hussein vor die Presse begleitete, blieb unkommentiert. Dafür wurde der Ex-Schiedsrichter mit den schönen Worten zitiert: „Uns geht es nicht ums Alter oder ums Geschlecht, sondern nur um die Leistung.“

Hussein ist Apothekerin und hat ihre erste Schiedsrichterprüfung 2001 abgelegt, damals spielte sie selbst aktiv in der 2. Bundesliga für den MTV Wolfenbüttel. „Früher habe ich gerne über die Schiedsrichter gemeckert“, sagt sie. „Doch ich bin der Auffassung, wenn man keine Ahnung hat, sollte man sich erst einmal mit den Dingen vertraut machen.“ Seit sieben Jahren pfeift sie Partien in der Regionalliga der Männer, seit 2006 in der Frauenbundesliga. 2009 wurde sie Fifa-Schiedsrichterin und leitete 2010 das Pokalfinale der Frauen. 2013 wurde Hussein zur „Schiedsrichterin des Jahres“ gewählt.

Nun also der Sprung in den Profibereich der drei Männerbundesligen, wo bislang Bibiana Steinhaus die einzige Schiedsrichterin war. „Meine Erfahrungen als ehemalige Spielerin helfen mir nun bei meinen Entscheidungen“, sagte die 34-Jährige bei ihrer Vorstellung. „Klar, die Profis werden immer trickreicher, aber ich kann Zweikampfverhalten sehr gut einschätzen und sehe, was gespielt ist und was nicht.“ Auf das höhere Tempo bei den Profis fühlt sie sich vorbereitet. „Schon als ich jünger war, habe ich als Leichtathletin Leistungssport betrieben.“

In einem anderen Teil ihres Lebens führt Hussein gemeinsam mit ihren Geschwistern die Apotheke ihres Vaters, eines Palästinensers, der vor über 50 Jahren mit seiner Familie nach Bad Harzburg kam. Ihre Arbeitszeiten kann sie flexibel mit den Geschwistern absprechen; zum Glück, denn inzwischen gehört sie auch zur „Elite Group“ der Fifa, aus der die Schiedsrichterinnen für Frauenspiele bei Welt- und Europameisterschaften ausgewählt werden.

In Deutschland wird die 1,63 große Schiedsrichterin zunächst ausschließlich Spiele der 3. Liga leiten, deren Spielbetrieb in 14 Tagen beginnt. „Manch männlicher Kollege würde den Sprung vielleicht als einen Schritt auf dem Weg nach ganz oben sehen“, sagt sie. „Ich allerdings bin einfach stolz und glücklich.“  RLO