DIE INTERNATIONALE ENERGIEAGENTUR IST MÄCHTIG – UND ABHÄNGIG
: Problematische Behörde

Die Informationspolitik der Internationalen Energieagentur IEA bedarf dringend der öffentlichen Debatte. Zu fragwürdig waren ihre Prognosen der letzten Jahre, zu absurd erscheint die aktuelle Vorhersage eines Ölpreises von 39 Dollar bis 2030 – schon heute liegt er bei 58 Dollar. Zu auffällig sind auch das beharrliche Schweigen der Behörde zu der nach und nach in die Öffentlichkeit vordringenden Peak-Oil-Diskussion über das Ende der Ölreserven sowie die stets negative Einschätzung erneuerbarer Energien. Problematisch ist, dass die Pariser Behörde in den vergangenen Jahren mehr Einfluss auf die Energiepolitik als jede gewählte Regierung hatte – und dass die Energiepolitik Grundlage weiterer politischer Entscheidungen ist.

Denn die Energieträger einer Gesellschaft bestimmen das gesamte Wirtschaftssystem schließlich mit. Deren Wahl strukturiert maßgeblich die Versorgungs- und Wertschöpfungsketten. Da sich die Ölvorräte in nur wenigen Ländern konzentrieren, folgt die Globalisierung der Wirtschafts- und internationaler Machtstrukturen aus der Abhängigkeit vom Öl. Kein Wirtschaftszweig ist deshalb so eng mit Machtpolitik verflochten wie die Energiepolitik.

Das spiegelt sich auch im Währungssystem. Öl wird auf dem Weltmarkt nur in Dollar gehandelt. Der Dollar ist also eine Petrowährung, die im Öl ihren Wertanker findet wie einst im Gold, an das der Dollar bis Anfang der 70er-Jahre gebunden war. Jedes Land, das Öl kaufen möchte, muss daher vorher Dollar kaufen. Die dadurch dauerhaft gesicherte Nachfrage nach Dollar gibt den USA währungspolitische Spielräume, von denen andere Länder nur träumen können.

Die Umstellung auf erneuerbare Energien entzöge diesem geopolitischen Machtgefüge die Grundlage. Es ist naiv zu glauben, die IEA könne ihre Energieprognosen frei von politischer Einflussnahme erstellen. Dass die IEA den Anteil von Solar- und Windenergie im Jahre 2030 bei 2 Prozent sieht, sagt wenig über die erneuerbaren Energien aus. Aber viel über die Interessen, denen die Agentur verpflichtet ist. HAUKE RITZ