Kreuzchen statt Noten

KOMPETENZ-AUSWEIS

Wenn am kommenden Freitag für Schleswig-Holsteins Kinder die Sommerferien beginnen, bringen auch Viertklässler erstmals keine Einsen oder Dreien mehr mit nach Hause, sondern Kompetenzzeugnisse ohne Ziffern. Allerdings nicht alle: Ob sie auf diese Berichte setzen, entscheiden die Grundschulen. 65 von 482 im Land bedienen sich der neuen Methode.

In den Klassen eins bis drei gibt es schon seit Jahren solche Kompetenzzeugnisse. Die sahen bisher an jeder Schule anders aus, und weil sie dadurch schwer vergleichbar seien, führt Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) jetzt ein „Muster-Kompetenzzeugnis“ ein, das in drei Jahren für alle verbindlich wird.

Es sieht aus wie ein langer Bestellzettel. Für jedes Fach gibt es bis zu sechs Spalten mit Kompetenzen, die wiederum die Lehrer in fünf Kästchen bewerten: „sicher“, „überwiegend sicher“, „ teilweise sicher“, „überwiegend unsicher“ und „unsicher“. Ein Erstklässler kommt auf bis zu 33 Kreuze, bei Viertklässlern sind es bis zu 37. Neben Deutsch, Mathematik, Sachunterricht, Englisch, Sport, Musik, Religion und Philosophie gibt es die Rubrik „Überfachliche Kompetenzen“, in der etwa die „Konfliktfähigheit“ eingeschätzt wird. Eine derart differenzierte Bewertung, sagt Ernst, werde einem Kind „besser gerecht als eine Note“.

Zum Halbjahrswechsel in Klasse vier bekommen alle Kinder so einen Kreuz-Bericht, er ist Basis für das Elterngespräch vor der Entscheidung für die weiterführende Schule. „Eltern und Lehrkräfte finden diesen Entwicklungsbericht insgesamt verständlich“, sagt Jens Möller von der Kieler Christian-Albrechts-Universität, der die Berichte evaluiert hat. Sie hätten einen besseren Vorhersagewert als Noten.

„Bei uns fallen die Muster nicht auf Beifall“, sagt Katrin Engeln vom Landeselternbeirat. Viele Schulen hätten in der Praxis selbst Besseres entwickelt, und für solche mit modernen, inklusiven Konzepten wäre das verbindliche Musterzeugnis ein Rückschritt. Es sei nicht kindgerecht formuliert, nicht mal die Lehrer verstünden alles. Und die Eltern? Läsen die Kreuzchenmuster ohnehin wie Zensuren. KAJ