Geht’s noch?
: Auch Erben sterben

NACH DER REFORM DER ERBSCHAFTSTEUER KÖNNEN FIRMENERBEN AUFATMEN. ALLE ANDEREN HALTEN BESSER DIE LUFT AN

Auf den ersten Blick gibt es in der deutschen Sozialdemokratie zumindest noch Reste von Anstand und Klassenbewusstsein.

Denn die Pläne der Union, insbesondere der CSU, zu weiteren Erleichterungen für Erben – ja, wir sind beim Thema Erbschaftssteuer – wolle man so nicht mittragen, hieß es am Donnerstag. Aus den Reihen der Bundestagsfraktion der SPD wurden „verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen die geplanten Änderungen der Steuer laut. Es müsse weniger um den Schutz reicher Unternehmer als um den Schutz von Arbeitsplätzen gehen.

Arbeitsplätze – immer ein gutes Argument. Hitlers Autobahnen? Arbeitsplätze! (Und nicht etwa der Aufbau von kriegswichtigen Infrastrukturen.)

Aber egal, darum soll es jetzt nicht gehen, auch wenn sich Hitler immer gut verkauft. Es geht um die Erben.

Die bundesrepublikanische Erbschaftssteuer ist ein Witz – leider ein schlechter, der für fortwährende soziale Ungerechtigkeit sorgt. Mit System. Für superreiche Betriebsbesitzer, für Fabrikanten und Unternehmer gibt es schon jetzt Schlupflöcher von der Größe eines Ozeans.

Dass im Turbokapitalismus Leistung zählt, dass man also gefälligst was tun muss, um an Geld zu kommen, hat sich auch an dieser Stelle längst als Lüge entpuppt. Die oberen Zehntausend reproduzieren sich einfach munter weiter und halten das Geld in der Familie. Beruf: Sohn bzw. Tochter.

Finanzminister Schäuble hat bereits im Februar einen Neuentwurf zur Erbschaftsteuer vorgelegt – mit weiteren Erleichterungen und Schlupflöchern für mögliche Erben. Und die Starnberger Fraktion hat tüchtigst weiter daran herumgeschraubt: Eine „Investitionsklausel“ soll her, wonach „aufgebaute Liquidität“ steuerfrei bleiben soll. Ach, Deutsch ist schon eine schöne Sprache. „Aufgebaute Liquidität“! Habe ich übrigens auch. Nennt sich Einkommen und muss versteuert werden.

Im „Manifest der Kommunistischen Partei“ steht unter „Maßregeln“ für nach der Revolution als Punkt 3 übrigens: „Abschaffung des Erbrechts“. Aber ja, wer will heute schon mit Marx kommen, dem alten Kommunisten.

Die SPD hatte ja auch einmal …Aber lassen wir das. Und trösten uns: Auch Erben müssen sterben. René Hamann