UNTERM STRICH

Geht die Zensur zu weit, wenn ein Film von 172 auf 137 Minuten zusammengekürzt wird? Das fragen sich dieser Tage die Chinesen. Die Filmaufsicht schnitt Tom Tykwers „Cloud Atlas“ so stark zusammen, dass Zuschauer bei der Pekinger Premiere dem komplizierten Geschehen nur noch schwer folgen konnten, berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf die Zeitung Jinri Zaobao. Ein Zuschauer formulierte es höflich so: „Es ist ein bisschen sprunghaft. Ich verstehe es nicht. Es liegt vielleicht am Schnitt.“

Nicht nur vereinzelte Küsse und nackte Körper waren den Medienwächtern ein Dorn im Auge. Ganze Dialoge wurden kurzerhand getilgt. Das kommunistische Parteiorgan Volkszeitung konnte der „erfolgreichen“ Bearbeitung jedoch auch etwas Positives abgewinnen. Vielleicht sei der Film dadurch ja sogar besser zu verstehen. „Cloud Atlas“ startet am 31. Januar in den chinesischen Kinos. In Deutschland wird die leicht verständliche Version wohl nur schwer zu besorgen sein.

Auch der neue James-Bond-Film „Skyfall“ blieb nicht verschont. Politisch korrekt war Bond noch nie, auch nicht sonderlich züchtig – was zu heftigen Schnitten führte. Dass Bond kaltblütig einen chinesischen Wachmann umlegt, als sei sein Leben rein gar nichts wert, störte wohl die Zensoren. In der chinesischen Variante bleibt der Chinese am Leben, die Szene fehlt. An den Untertiteln wurde ebenfalls etwas herumgeschraubt. Die Frage Bonds ans charmante Bond-Girl Severine, ob sie denn vielleicht „zur Prostitution gezwungen“ worden sei, wurde anders ins Chinesische übersetzt. In den Untertiteln fragt er nur noch, ob sie „zur Aufnahme in die Bande“ gezwungen worden sei.

Shi Chuan, Professor der Film- und Fernsehschule der Shanghai-Universität, findet das nicht lustig und will auch das Argument nicht nachvollziehen, dass gekürzte Filme besser zu verstehen seien: „Die Filmkontrolle sollte die ursprünglichen Ideen der Produzenten respektieren, anstatt willkürlich Szenen zu kürzen“, beklagte er.