Proteste nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse

JORDANIEN Stammesvertreter und regimetreue Kandidaten dominieren auch das neue Parlament

AMMAN/BERLIN dpa/dapd/taz | Nach der Bekanntgabe der ersten offiziellen Ergebnisse der Parlamentswahl in Jordanien ist es in mehreren Städten zu Protesten gekommen. Dem neuen Parlament gehören nach ersten Informationen der Wahlkommission vor allem regierungstreue Kräfte und traditionelle Stammesvertreter an.

Doch auch einigen jüngeren Kandidaten gelang der Sprung in die Volksvertretung, die zum ersten Mal bei der Bildung des Kabinetts mitreden darf. Das hatte König Abdullah II. kurz vor der Wahl bekanntgegeben, um der seit zwei Jahren andauernden Protestwelle entgegenzukommen. Neben den neun Frauen, die über eine Quote gewählt wurden, konnten sich zwei weitere Kandidatinnen durchsetzen.

Polizisten und Augenzeugen berichteten, in der südlichen Stadt Maan hätten am Donnerstag Dutzende Männer Schulen, Banken und Regierungsgebäude gestürmt. Sie riefen „Wahlfälschung“ und „Das Volk will den Sturz des Regimes“ und zündeten ein Schulgebäude an. In Mafrak im Norden blockierten Unterstützer rivalisierender Kandidaten mehrere Straßen mit brennenden Autoreifen.

Zuvor hatte die Wahlkommission die Namen der Gewinner von 123 der insgesamt 150 Abgeordnetenmandate bekanntgegeben. Die meisten von ihnen sind Loyalisten, die der Linie von König Abdullah II. folgen. Die Muslimbrüder hatten zu einem Wahlboykott aufgerufen. Sie sprachen von Wahlfälschung. Regierungsvertreter und die Mitarbeiter der Wahlkommission forderten die Islamisten auf, Beweise für ihre Anschuldigungen vorzuliegen. Ungeachtet des Boykotts der Muslimbrüder konnten vorläufigen Ergebnissen zufolge rund drei Dutzend Islamisten und andere Regierungskritiker ins Parlament einziehen.

Wenige Tage vor der Wahl waren vier Kandidaten verhaftet worden. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten Wähler bestochen. Ihre Namen wurden jedoch nicht von den Wahlzetteln gestrichen, so dass drei von ihnen ein Mandat erringen konnten.

Nach offiziellen Angaben waren am 56,7 Prozent der rund 2,3 Millionen registrierten Wähler zu den Urnen gegangen. Wenn man berücksichtigt, dass sich etwa 700.000 Wahlberechtigte nicht hatten registrieren lassen, lag die Wahlbeteiligung nur bei rund 43 Prozent.