Vorsicht, Satire!

Anti-Terror-Debatte in Australien: Werden humorlose Politiker bald Künstler mit Volksverhetzern verwechseln?

CANBERRA taz ■ Australische Satiriker, Rundfunkpräsentatoren und Schauspieler planen für die kommenden Tage Protestkundgebungen gegen die geplante Einführung von strikten Anti-Terror-Gesetzen in ihrem Land. Sie fürchten die Einschränkung ihrer künstlerischen Freiheit, falls Bestimmungen gegen „Volksverhetzung“ in Kraft treten. Das australische Parlament debattiert derzeit über ein von der konservativen Regierung vorgeschlagenes Gesetz, das Polizei und Geheimdiensten unter anderem erlauben würde, Personen auf reinen Verdacht hin zu verhaften, sie könnten in terroristische Aktivitäten verwickelt sein.

Teil der Vorlage von Premierminister John Howard ist zudem ein Klausel, nach der eine Person bis zu sieben Jahre Gefängnis droht, wenn sie „aufrührerisch“ oder „staatsgefährdend“ ist. Die bekannte Satirikerin Wendy Harmer fürchtet, dass auch eine kabarettistische Form der Kommentierung der Regierung, des Parlaments oder anderer staatlicher Institutionen als „Volksverhetzung“ interpretiert werden könnte. „Man darf nicht vergessen: Was für den einen gesunde politische Satire ist, ist für den anderen gefährliche terroristische Volksverhetzung.“ Harmer und eine Reihe anderer Künstler wollten das Recht der Australier verteidigen, „ihre Meinung über ihre politischen Meister abzugeben, wie unverschämt und respektlos sie auch sein mag“.

Staatsrechtsprofessor George Williams von der University of New South Wales in Sydney teilt die Befürchtungen der Kunstschaffenden. Dass Satiriker angeklagt würden, sei zwar wenig wahrscheinlich. Er fürchtet aber eine Selbstzensur der Künstler: „Weshalb sollte man es riskieren, wenn die Möglichkeit besteht, dafür eingesperrt zu werden?“, so der Experte. Auch wenn es zu einer Anklage komme, müsse das nicht unbedingt eine Verurteilung bedeuten, meint Williams. „Was aber, wenn der Richter oder die Geschworenen den Witz nicht verstehen?“

Der Akademiker weist die Aussage der Regierung zurück, sie habe nicht vor, mit dem Gesetz „die Redefreiheit zu beschränken“. Selbst wenn die konservative Koalition unter Premierminister John Howard nicht beabsichtige, Satiriker und Komiker wegen „Volksverhetzung“ hinter Gitter zu stecken, bestehe immer die Möglichkeit, dass die nächste Regierung von dem Gesetz Gebrauch machen wird. „Es ist sehr risikoreich, mit dem Prinzip der Redefreiheit zu spielen. Der Regierung zu vertrauen, genügt nicht.“ URS WÄLTERLIN