LeserInnenbriefe
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Seehofer ist nicht einsam

betr.: „Der Asylmissbraucher“, taz vom 26. 6. 15

„Eine schnelle und konsequente Rückführung von Menschen aus sicheren Herkunftsländern ist“, so die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney, geboten, um Toleranz nicht zu überfordern (zitiert nach der Badischen Zeitung vom 22. 6). „Wegen der extrem hohen Zahlen beim Asylmissbrauch aus Balkanstaaten“ sinke die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. „Die Rückführung abgelehnter Asylbewerber muss noch stärker stattfinden als bisher.“ So Seehofer, zu lesen in der taz vom 26. 6. Ob die SPD Ministerin in Baden Württemberg, große Teile der Grünen, der CDU oder der CSU-Ministerpräsident, ­immer mehr werden Unterschiede gemacht zwischen den guten und den bösen AsylbewerberInnen. Es ist hierbei so einfach wie richtig, die üble Polemik von Seehofer anzugreifen. Von der taz würde ich aber vor allem weiter erwarten, dass sie diese Gemeinsamkeiten kritisch analysiert und deutlich macht, dass die Kritik von weiten Teilen der Parteienlandschaft an Seehofer im Kern scheinheilig ist. Viele AsylbewerberInnen aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten sind Roma. Es wird agiert, wie wenn es den Völkermord an Sinti und Roma nie gegeben hätte. Von einer historischen Verantwortung ist nichts zu spüren. Die wurde wahrscheinlich 2012 mit den Kränzen der Bundesregierung bei der sehr späten Einweihung des zentralen Denkmals für die Sinti und Roma niedergelegt. UWE HONECKER, Freiburg

Finsteres Mittelalter

betr.: „Zitternd und mit Blick zum Boden“, taz vom 26. 6. 15

Für mich ist jede Verkündung der Todesstrafe ein Zivilisationsbruch und einer aufgeklärten modernen Gesellschaft unwürdig.

Nicht nur in Teilen Syriens und des Irak herrscht derzeit das finstere Mittelalter – auch die USA scheinen in mancherlei Hinsicht in dieser dunklen Epoche stehen geblieben zu sein.

MICHAELA DIEROLF, Wimsheim

Tsipras darf taktieren

betr.: „Demokratie oder Irrsinn?“, taz vom 29. 6. 15

Griechenlandkrise: Was tut die taz? Sie demonstriert auf der ersten Seite Meinungsvielfalt. Zwei Kommentare. Soll der Leser am Ende selber entscheiden, wem er zustimmt. Gut so!

So macht es auch Tsipras. Es wurde gestritten und gekämpft, mit dem erklärten Wahlziel Syrizas – weg von der Austeritätspolitik. Nun geht es ums Ganze. Also soll das Volk mit entscheiden. Und das ist gut so, Herr Hillebrand! Irrsinn ist die europäische Politik des Sparens auf Kosten der sowieso schon Armen. Es geht um etwas anderes, was gestern bei Jauch ganz offen von dem Technokraten Klaus Regling, Direktor des Euroschirmes (nicht gewählt), gesagt wurde: Sie (Syriza) sollen zusammenarbeiten und nicht das Wirtschaftssystem ändern wollen. Und das stellt sogar Spiegel Online empört heute morgen fest, Herr Hillenbrand. Darum geht’s! Und darum muss, aus ideologischen Gründen, diese linke Regierung weg! Auch dahinter steht Taktik, also muss auch Herr Tsipras taktieren (dürfen). KLAUS-PETER VOLKMANN, Hattingen

Sich nicht blenden lassen

betr.: „Demokratie oder Irrsinn“, taz vom 29. 6. 15

Die Frage, ob Demokratie oder Irrsinn, ist fehl am Platz. Demokratie ist, wenn die Bürger*innen (alle Macht geht vom Volke aus) selbst entscheiden können, weil (Irrsinn) die gewählten Volksvertreter*innen es verbockt haben. Irrsinn ist die parteiische und abhängige Meinungsmache, gerade in sehr vielen Medien, auf welche sich leider zu viele Bürger*innen (um die Kirche im Dorf zu lassen) zu verlassen scheinen. Wenn sich unsere Mitbürger*innen in Griechenland nicht vom Boulevardjournalismus blenden lassen, bin ich zuversichtlich dass sie am Sonntag eine Entscheidung treffen werden, die für ihr ganzes Land mittel- und längerfristig die beste ist. Wenn sie sich (was ich mir nicht wünsche) jedoch vom Druck aus Brüssel und dem Diktat der Wirtschaft unterwerfen lassen, wird es mit Sicherheit nicht besser. „Alle Macht geht vom Volke aus“, auch am Mittelmeer.

JÜRGEN HELTEN, Köln

Was ist Demokratie?

betr.: „Demokratie oder Irrsinn?“, taz vom 29. 6. 15

Sehr geehrter Herr Hillenbrand!

Was ist in Ihren Augen Demokratie? Wie kommen Sie zu der Überzeugung, dass es um Machterhalt geht? Haben Sie sich mal mit der Frage beschäftigt, wo Austeritätspolitik dem Volk hilft? Es geht bei den Krediten um Bankenrettung, nicht um das „Wohl der griechischen Bevölkerung“! Bei fortschreitender Umverteilung von unten nach oben droht uns allen im Alter das Aus unserer wirtschaftlichen Existenz. Richtig ist, dass 19 andere demokratisch gewählte Regierungen auch die Demokratie und ihre Wahlversprechen vergessen und Politik von Banken machen lassen.

NORBERT VOSS, Berlin