Griff ans Genital

ALTERS-MISSTRAUEN

Geht es um das Alter junger Flüchtlinge, lassen Hamburgs Behörden auch mal Genitalien oder Brustdrüsen ärztlich begutachten. Geklärt werden solle die behauptete Minderjährigkeit, antwortete der Senat jetzt auf eine Anfrage der Hamburger FDP-Fraktion. Eine wichtige Unterscheidung: Für volljährig befundene Flüchtlinge müssen einen Asylantrag stellen und unter Umständen mit einer Abschiebung rechnen. Minderjährige Flüchtlinge dagegen fallen aus der Asylpflicht.

Die FDP-Abgeordnete Jennyfer Dutschke, die die Anfrage gestellt hatte, hält „die hochnotpeinliche Intimuntersuchung für unwürdig“ und fordert vom Senat, „sie künftig zu unterlassen“. Der aber denkt gar nicht daran, wie die zuständige Sozialbehörde erklärte: Im Zweifel gebe die umstrittene Intimuntersuchung nicht den Ausschlag: Im Zentrum stehe das Röntgen des Kiefers, bei Bedarf auch der Handwurzel, sowie eine Untersuchung des Schlüsselbein-Brustbein-Gelenks per Röntgen oder Computertomografie, sagt ein Sprecher. Und: Die Intim­untersuchung sei „freiwillig“. Allerdings wird, wer sich verweigert, aus der „Inobhutnahme“ des Kinder- und Jugendnotdienstes herausgenommen: Wer sich nicht untersuchen lässt, wird faktisch als volljähriger behandelt, kann in andere Bundesländer umverteilt oder abgeschoben werden.

Hamburgs Senat zufolge basiert das Verfahren „auf wissenschaftlichen Standards“ und sei von Verwaltungsgerichten nicht infrage gestellt worden. Zudem verweist er auf die hohe Zuverlässigkeit: Seit 2012 seien 1.844 Jugendliche untersucht worden, 14 hätten das Ergebnis juristisch angefochten, lediglich drei davon erfolgreich.

„Auch bei Untersuchungen der Geschlechtsmerkmale muss die Privatsphäre gewahrt bleiben“, mahnt indes Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Hamburger Ärztekammer. „Dass Jugendliche in die Gruppe der Erwachsenen eingeteilt werden, wenn sie an der Untersuchung nicht mitwirken, konterkariert die vorgebliche ‚Freiwilligkeit‘ und ist weder menschlich noch medizinisch gerechtfertigt.“ smv