Minenverträge: Kongo überprüft Bergbauskandale

Eine Regierungskommission in Kinshasa nimmt umstrittene Minenverträge unter die Lupe. NGOs fordern Einsicht in alle Dokumente.

Minenarbeiter in Bukavu Bild: ap

BERLIN taz Korrupten Investoren in der Demokratischen Republik Kongo geht es an den Kragen. In Kinshasa hat am Montag eine von der neu gewählten Regierung eingesetzte Kommission begonnen, die umstrittensten Verträge zwischen kongolesischen Staatsfirmen und Privatinvestoren im Bergbausektor unter die Lupe zu nehmen. Die Kommission unter Leitung des Bergbauministeriums soll innerhalb von drei Monaten "Partnerschaftsverträge zwischen dem Staat und/oder Staatsbetrieben mit Privatinvestoren im Bergbaubereich" auf ihre "Wirkung auf die Sanierung dieser Betriebe und die Entwicklung des Landes" hin überprüfen und gegebenenfalls "Modalitäten für ihre Revision vorschlagen".

Dubiose Verträge, mittels derer private Geschäftsleute Kriegsführer und Politiker finanzierten und dafür Bergbau-und Handelskonzessionen bekamen, waren während des Kongokrieges 1998-2003 ein wichtiges Mittel der Kriegsfinanzierung. Nach dem Friedensschluss, als eine Allparteienregierung unter Präsident Joseph Kabila das Land bis zu freien Wahlen 2006 regierte, nahmen diese Praktiken eher noch zu, da die rivalisierenden Regierenden Geld für Privatmilizen und Parteien brauchten. Ein Großteil von Kabilas Wahlkampf soll durch Provisionen bei Konzessionsverträgen in den Kupfer- und Kobaltrevieren von Kongos größter Staatsfirma Gécamines in der Südprovinz Katanga finanziert worden sein.

Gécamines-Verträge machen 31 der 63 jetzt zu überprüfenden Vereinbarungen aus, wie aus der Arbeitsliste der Kommission hervorgeht, die der taz vorliegt. Darunter sind die größten Gécamines-Verträge, die mit der belgischen Gruppe Georges Forrest geschlossen wurden. Auf der Liste steht auch der allerneueste Gécamines-Vertrag, der im Februar mit der wenig bekannten Schweizer Firma United Resources geschlossen wurde und etablierte Investoren aus Südafrika aus den Zinkminen von Kipushi vertrieb. Die Südafrikaner dürften von der Überprüfung ebenso profitieren wie die kanadische Anvil Mining, einer der größten industriellen Investoren Katangas. Keiner der Anvil-Verträge steht zur Überprüfung an.

Zweitwichtigstes Arbeitsfeld ist die staatliche Goldfirma Office de Kilo-Moto, die große Goldkonzessionen im nordostkongolesischen Distrikt Ituri hält. Zu Kriegszeiten wurden Okimo-Minen von rivalisierenden Kriegsparteien rivalisierenden Geschäftspartnern zugesagt. Jetzt werden alle Okimo-Verträge untersucht, auch der wichtigste mit dem ghanaisch-südafrikanischen Goldgiganten Ashanti Goldfields.

In Verwirrung dürfte die Kommission bei fünf Verträgen kongolesischer Privatfirmen mit der Sakima (Société Aurifère du Kivu-Maniema) geraten, die Konzessionen für Gold, Zinn und Tantal in den ostkongolesischen Kivu-Provinzen hält. Sakima gibt es nämlich nicht mehr. Die Firma entstand 1996/97 bei der Auflösung der Vorgängerfirma Sominki (Société Minière et Industrielle du Kivu) als Joint-Venture des kongolesischen Staates mit der kanadischen Bergbaufirma Banro, die darin die Mehrheit bekam, und wurde 2003 offiziell von Banro aufgelöst. Der Name Sakima wird jedoch von kongolesischen Stellen weiterbenutzt. Auf der Überprüfungsliste der Kommission stehen jetzt Verträge von "Sakima" - wer auch immer das gewesen ist - mit Handelsfirmen wie Gemico, Groupe Bagandula und Central African Resources, die Zinn und Tantal aus Ostkongo exportieren und neuerdings auch Minen erwerben, was bewaffnete Konflikte schürt. Nicht überprüft wird der Ursprungsvertrag mit Banro - aber auch nicht neuere, dubiose Verträge mit Konkurrenten Banros für dieselben Gebiete.

Da die Kommission 29 Delegierte zählt, die den Staatschef, den Premierminister, sechs Ministerien und mehrere Bergbaubehörden vertreten, ist damit zu rechnen, dass sie in den kompliziertesten Fällen keine Einigkeit findet. Was dann passiert, ist dem der Kommission zugrundeliegenden Dekret vom 20. April genauso wenig zu entnehmen wie eine Klärung der Frage, was bei Vorschlägen zur Vertragsrevision hinterher geschieht. In einer ersten Reaktion forderten 53 Nichtregierungsorganisationen, an der Arbeit der Kommission beteiligt zu werden und Einsicht in alle Dokumente zu erhalten.

DOMINIC JOHNSON

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