Männerfernsehen: Spiele ohne Grenzen
Aufgepasst, DMAX: Das wahre Männerfernsehen gibts bei Giga. Seit diesem Monat ist der Games-Kanal nun auch digital empfangbar
Für ein Leben vorm PC braucht man nicht viel: einen leistungsstarken Rechner, eine DSL-Flatrate und - ganz wichtig - die Nummer des nächsten Pizzaservice. "Die meisten Kölner Pizzaboten wissen inzwischen, wie sie uns finden", sagt Daniel van Moll, Redaktionsleiter des Kölner TV-Senders Giga. Die vier Mittzwanziger, die vor ihren Tastaturen und Monitoren sitzen, nicken zustimmend. Wir sind in der Regiezentrale von Giga, dem nach eigenen Angaben "größten Digital-Lifestyle-Sender Deutschlands". Giga produziert seit einiger Zeit sein 24-Stunden-Programm in Köln-Deutz - in einem unscheinbaren Haus, das nicht nur für Pizzaboten schwer zu finden ist.
TV für die Community
Auf der Fernbedienung ist der Computerspiel-Kanal inzwischen leichter zu finden. Seit diesem Monat ist der Sender überall im digitalen Fernsehen zu empfangen. Bislang gab es Giga nur über Satellit und als Live-Stream im Internet. "Mit der digitalen Vollverbreitung erreichen wir ab Juni elf Millionen Haushalte", sagt Giga-Pressesprecher René Bernard. Das ist beachtlich, aber noch nicht das, was Giga einmal war: In Spitzenzeiten konnten 20 Millionen Haushalte das Spartenprogramm empfangen.
Giga war 1998 als Programmfenster von NBC Europe in Düsseldorf gestartet worden, um Internet und Fernsehen miteinander zu verbinden. Die Zuschauer, schon damals "Community" genannt, konnten per Mail oder Chat mit den Moderatoren der Sendung - den sogenannten Netzreportern - kommunizieren. Und die zappeligen Jung-Reporter zockten vor laufenden Kameras die neuesten Ballerspiele.
Giga sei "Nerd-Fernsehen", spotteten damals viele, und das ist es auch heute noch: Fernsehen für eine Generation, die einen Großteil ihrer Freizeit in virtuellen Realitäten verbringt. Studien zeigen, dass Giga fast ausschließlich von 14- bis 29-Jährigen gesehen wird - davon sind über 95 Prozent männlich.
Berichtet wird in den Giga-Sendungen über neue Games, "fette Beats" und das virtuelle Leben an sich. Und das treibt teilweise skurrile Blüten. Die Sendung "Giga eSports" etwa ist eine Art "Sportschau" für Wohnzimmer-Sportler. Berichtet wird von den "Highlights des elektronischen Sports", über die "besten und packendsten Spiele" aus den größten E-Sport-Ligen. Elektronischer Sport ist das Spielen von Computerspielen wie "Fifa07" oder "World of Warcraft" unter Wettbewerbsbedingungen. Anderen Spielern beim Daddeln zuschauen - das ist über weite Strecken Giga-Konzept. Ein erfolgreiches, wie es scheint: "Wir wachsen jedes Jahr um 30 Prozent", sagt Pressesprecher Bernard.
Dabei gab es auch Versuche, die junge Zielgruppe zu politisieren. Im März 2004 startete Giga ein Politmagazin unter dem Titel "Giga real". Giga sendete inzwischen aus dem Herzen Berlins, fünfmal die Woche kamen Politiker und andere Gäste in die Sendung und wurden eine Stunde lang zu politischen Themen befragt. Eine Zeit lang galt das Talk-Format als Hoffnungsschimmer für junges politisches Fernsehen. Doch dann kam das Aus: NBC Europe stieg aus, die Giga-Gesellschafter konnten die teuren Studios in Berlin nicht mehr finanzieren. Der Sender zog Anfang 2006 nach Köln, entwickelte sich von einem Programmfenster zum 24-Stunden-Sender - und die teure Talkshow wurde "aus Kostengründen" aufgegeben. Es gebe weiterhin Nachrichten auf Giga, sagt René Bernard, "allerdings nur aus dem Bereich des Gaming". An eine Polit-Sendung habe man sich noch nicht wieder rangetraut.
In den Markt gedrückt
Dabei könnte man sich auch auf dem weißen Ledersofa in den Studios an der Siegburger Straße eine politische Talkshow vorstellen. Auf engstem Raum werden hier täglich 24 Stunden Programm produziert, jeden Tag zwischen 17 Uhr und ein Uhr nachts gibt es "originären Content", der Rest sind Wiederholungen. Bei Giga ist man stolz darauf, aus wenig viel zu machen. Schließlich sind die Hauptzielgruppe des Senders nicht eigentlich die männlichen Teenies aus der Parallelwelt, sondern ganz reale Unternehmen: "Sie haben hier die Möglichkeit, neue Produkte in den Markt zu drücken", sagt Christian Heins, Sales-Manager bei Giga, am Ende unseres Rundgangs zu den Vertretern der Computerspiel-Industrie. Eine Reichweite von 11 Millionen Haushalten, über eine Million angemeldete User und täglich 11.000 Beteiligungen in Form von Posts auf Giga.de sind eben ein Pfund, mit dem man wuchern kann.
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