Energielobby: Druck auf Merkel

Gut zwei Wochen vor dem Energiegipfel kritisiert die Stromwirtschaft die vorliegenden Szenarien scharf. Diese gingen von falschen Prämissen aus. Umweltschützer fordern: Politik muss mehr zur Steigerung der Energieeffizienz tun

Unzufrieden mit der Regierung: Eon-Chef Wulf Bernotat und seine Mitstreiter : dpa

BERLIN taz Gut zwei Wochen vor dem geplanten Energiegipfel mit der Bundesregierung Anfang Juli sind die Energiekonzerne sauer auf Kanzlerin Angela Merkel. Der Grund: Sie hat ein Gutachten über den zukünftigen Energiemix erstellen lassen. Und das stützt die Befürworter des Atomausstieges und der erneuerbaren Energien. "Weder Prämissen noch Modell noch Ergebnisse der Szenarien aus dem Bundeskanzleramt sind plausibel", hieß es am Freitag dazu in Branchenkreisen.

In der Studie für das Kanzleramt wurden drei Energieszenarien bis 2020 erstellt: ein Szenario "Koalitionsvertrag", eines, das den stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien erstellt, und eines, das längere Laufzeiten von Atomkraftwerken voraussetzt. Alle Szenarien gehen von einer deutlichen jährlichen Steigerung der Energieproduktivität aus. Die Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Szenarios wäre demnach gegenüber dem Atomszenario nur rund fünf Milliarden Euro jährlich teurer.

Unverantwortlich, heißt es bei den Energiekonzernen. Das würde zu steigenden Strompreisen führen, hunderttausende Jobs gingen in der energieintensiven Industrie verloren. Zudem sei es heuchlerisch, in Deutschland aus der Kohle- und Atomenergie rauszugehen und dies mit russischem Gas zu kompensieren. "Die Russen bauen dann Kohle- und Kernkraftwerke, damit sie uns mit Gas beliefern können."

Grundsätzlich kritisiert die Stromwirtschaft die Annahmen des Gutachtens. Die Differenzkosten zwischen Atom- und Erneuerbaren-Szenario seien um ein Vielfaches höher, da "unrealistische Prämissen" zugrunde lägen. Die unterstellte Verdoppelung der Energieproduktivität könne "auf volkswirtschaftlich vertretbare Weise" nicht erreicht werden. "Es ist zu befürchten, dass ein Energiekonzept quasi nur als Umsetzung politischer Beschlüsse ohne Rücksicht auf Marktstrukturen und realistisch mögliche Entwicklungen verabschiedet wird."

Bereits am Wochenende hatte sich E.ON-Chef Wulf Bernotat im Zusammenhang mit der Debatte um die Strompreise in der Welt am Sonntag über die Regierung beschwert: "Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif, das verschweigt die Politik gerne."

Die Deutsche Umwelthilfe wundern die Anwürfe der Energiewirtschaft gegen die Studie nicht. Allerdings sei es doch laut Atomkonsens politisches Ziel, in Deutschland künftig auf die Atomenergie zu verzichten, sagte der Sprecher der Organisation, Gerd Rosenkranz, der taz. "Das kommt in den Szenarien nicht heraus."

Der große Haken in den Szenarien sei aber die angenommene Verdoppelung der Energieeffizienz. "Um das zu erreichen, muss die Bundesregierung viel mehr machen." Mit den bisherigen Instrumenten lasse sich diese Vorgabe bei der Kraft-Wärme-Kopplung, der energetischen Gebäudesanierung, der Etablierung energiesparender Geräte und Maschinen oder einer drastischen Senkung des Spritverbrauchs nicht erfüllen.

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