Projekt Stuttgart 21: Günther Oettingers letzte Chance

Kein Baden-Württemberger braucht "Stuttgart 21" so dringend wie der Ministerpräsident

Oettinger braucht den Stuttgarter Tunnel, um wieder ans Licht zu kommen Bild: dpa

BERLIN taz Günther Oettinger geht zuversichtlich in die Verhandlungen um den neuen Stuttgarter Bahnhof und die Hochgeschwindigkeitsstrecke durch die schwäbische Alb. Er muss zuversichtlich sein. Viel Geld hinlegen. Notfalls kämpfen. Es geht um das politische Überleben des Ministerpräsidenten.

Er möchte wieder auf die Füße kommen. Seitdem er nach über einem Jahrzehnt ungeduldiger Warterei Regierungschef wurde, stolpert er durch sein politisches Leben. Mal hat er den heimatverbundenen Baden-Württembergern erzählt, am Arbeitsplatz werden bald nur noch englisch gesprochen. Mal wollte er Kunstschätze des Landes verkaufen. Er ist von Termin zu Termin gehetzt und die verzerrende Trauerrede für den NS-Militärjuristen Filbinger überlebte er nur mit einem "Total-Kotau" vor Angela Merkel, wie es ein CDU-Landtagsabgeordneter ausdrückt. Die Partei regt vor allem seine Sprunghaftigkeit auf, nichts ziehe er durch. Drücken der Nettoneuverschuldung, okay, aber das reiche nicht. Gebraucht wird etwas zum Anschauen, zum Stolzsein. Ein Megaprojekt.

Oettinger hätte es nichts geholfen, wenn die Bauarbeiten erst 2016 losgegangen wären, wie es die Pläne des Bundes vorsahen. Die Landtagswahl ist 2011. Nun will er Milliarden auf den Tisch legen. Im Gegenzug könnte der Bau schon 2010 beginnen, mit Spatenstich im Fernsehen und allem drum und dran. Man kann "Stuttgart 21" auch "Oettinger 11" nennen.

Gelingt ihm die Einigung, könnte er beweisen, dass er noch mitspielt in Berlin, heißt es. Mit Mehdorn und Tiefensee. Er kann sogar behaupten, dass Merkel ihm noch hilft. Die CDU-Wähler im Stuttgarter Raum würden ihn feiern. Neuer Platz für neue Häuser, weil der Bahnhof ja unter die Erde verlegt wird. Acht Minuten vom Bahnhof zum Flughafen. Zuganschluss an Paris, München, Budapest. Jetzt muss er nur noch den anderen Landeskindern erklären, was sie davon haben, dass ihre Steuergelder in ein Vorhaben fließen, das "Stuttgart 21" heißt. Aber die Oberschwaben bekommen ja in Ulm auch einen Hochgeschwindigkeitsanschluss an die Welt und die Freiburger werden auch schneller in München sein.

Schon als Erwin Teufels Kronprinz war Oettinger Feuer und Flamme für "Stuttgart 21". Ein Lieblingskind, das er groß gemacht hat. Oettinger braucht diese Story.

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