Atomabkommen: Indien blickt in eine strahlende Zukunft

Das Atomabkommen mit den USA ermöglicht Indien, durch den Ausbau der Atomkraft sein Energiedefizit anzugehen.

Strahlen auch schon: US-Präsident George W. Bush mit indischem Premier Manmohan Singh Bild: dpa

DELHI taz Es war ein Durchbruch, den Indien und die USA Ende vergangener Woche vermelden konnten: Zwei Jahre nachdem Präsident Bush und Premierminister Singh das Ende der nuklearpolitischen Isolation Indiens angekündigt hatten, konnten beide Seiten Einigkeit über den Text des umfangreichen Vertragswerks erreichen. Sowohl die USA wie Indien waren an einem raschen Abschluss brennend interessiert. Die Wahlen in den USA im kommenden Jahr gaben den Unterhändlern nur einige Wochen Zeit, den nun verabschiedeten Text dem US-Kongress in der Herbstsession noch zur Abstimmung vorzulegen. Für Präsident Bush ist es zudem einer der wenigen außenpolitischen Erfolge seiner zweiten Amtszeit, während Manmohan Singh in Anspruch nehmen kann, die über dreißigjährige Isolation Indiens überwunden zu haben, ohne dessen Atomwaffenprogramm zu opfern.

Der US-Kongress hatte im letzten Dezember mit großer Mehrheit einer Änderung des Atomgesetzes zugestimmt, das für Indien eine Ausnahme von der Regel macht, dass jede nukleare Zusammenarbeit mit einem Staat untersagt ist, der dem Atomsperrvertrag nicht beigetreten ist. Gleichzeitig enthielt der "Hyde Act" aber auch Bestimmungen, die für Indien nur schwer verdaulich waren. Dazu gehört das Recht der USA, abgebranntes Brennmaterial zurückzufordern, wenn es aus US-Lieferungen stammt. Damit wollten die USA verhindern, dass Indien dieses Material wiederaufbereitet und für sein Waffenprogramm abzweigt. Die nun gefundene Lösung sieht vor, dass Indien solches Material in eigenen Anlagen wieder anreichern kann, diese aber der Kontrolle der Atomenergiebehörde IAEA unterstellt sind.

Ein weiterer Streitpunkt betraf die Frage nach den Folgen erneuter Atomwaffentests. Indien hat zwar ein unbefristetes Moratorium ausgesprochen, will sich das Recht auf weitere Tests aber nicht nehmen lassen. Gleichzeitig wollte Delhi jedoch verhindern, dass es - wie nach den Atomversuchen von 1974 - von einem Lieferstopp von Nuklearbrennstoff auch für das zivile Atomenergieprogramm getroffen wird. Die USA ihrerseits beharrten auf ihrem Recht, jede Kooperation im Fall neuer Atomtests zu beenden und gelieferte Technologie und Brennstoff zurückzufordern. Hier musste Indien nachgeben. Die USA verpflichten sich aber, sicherzustellen, dass die Funktionsfähigkeit ziviler Reaktoren gewahrt bleibt. Indien wäre es also freigestellt, Brennstoff und Technologie von anderen zu beziehen.

Der Text muss in Indien noch vom Kabinett abgesegnet werden und bedarf keiner parlamentarischen Zustimmung. Die Kritik von Seiten der linken Bündnispartner und der nationalistischen BJP-Opposition hat sich in den letzten Monaten abgeschwächt. Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen genießt der Vertrag breite politische Akzeptanz: Indien hat ein enormes Energiedefizit, das sich mit einem Wirtschaftswachstum von nahezu 10 Prozent jedes Jahr ausweitet. Die Chancen, die Lücke mit traditionellen oder erneuerbaren Energieträgern zu schließen, sind nicht gut. Kohle ist zwar reichlich vorhanden, aber sie ist von minderer Qualität, und Kohlekraftwerke werden in Zukunft stärkeren Umweltrichtlinien unterworfen werden. Das Wasserkraftpotenzial ist ebenfalls enorm, benötigt aber Landressourcen. Sonnen- und Windenergie bieten ebenfalls ein großes Potenzial, werden aber ihren Anteil nur langsam erhöhen.

Dies lässt als einzige Option die Atomkraft übrig. Trotz eines vierzigjährigen Atomprogramms generiert diese aber nur knapp 4.000 Megawatt Strom, weniger als 3 Prozent der Gesamterzeugung. Ein Grund ist die Knappheit an Uranvorkommen. Der Importweg dafür war Indien wegen dessen Abseitsstehen beim Sperrvertrag versperrt. Wenn es den Atomstromanteil bis 2020 auf 20.000 Megawatt steigern wollte, musste es also diesen Graben überspringen. Mit dem Nuklearabkommen ist das nun möglich geworden.

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