Kiezleben: Bethanien kommt auf die Couch

Im Kreuzberger Bethanien soll es künftig Raum für Nachbarschaftsprojekte geben. "sOfa" heißt der Ort, den sich die AnwohnerInnen per Bürgerbegehren erstritten haben. Am Wochenende traf sich der Kiez schon mal zum Probesitzen

von Juliane Schumacher

"sOfa zu besetzen". Die Werbung mit mehrsprachigen Plakaten, Flyern und einem Samba-Umzug hatte sich gelohnt: Trotz der Sommerferien und zunächst strömenden Regens kamen am Samstag rund 200 Menschen zur Eröffnung des "Interkulturellen selbstverwalteten offenen Forums für AnwohnerInnen" (sOfa) in das ehemalige Bethanien-Krankenhaus am Kreuzberger Oranienplatz. Die Einrichtung des Forums wurde per Bürgerbegehren angeregt und nach dessen Erfolg im September 2006 von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen. Das Bethanien-Haupthaus soll"auch ein Ort der Begegnung und der Aktivitäten der AnwohnerInnen sein."

Wie die AnwohnerInnenbeteiligung aussehen könnte, zeigte die Betriebsamkeit am Samstagnachmittag: Im Foyer üben sich Kinder im Seiltanzen, am Buffet, beim Kartenlegen und an den Tischen mit kostenlosen Büchern drängen sich die Menschen. Bisher bietet der Raum im Erdgeschoss nur ein paar Sofas, Stühle und einen Tisch. Doch auf einem Plakat können die AnwohnerInnen aufschreiben, welche Gruppen sie im "sOfa" gerne sehen würden: Eine Elterngruppe, ein Projekt für eine Stadtteilzeitung, eine Gruppe fürs gemeinsame Lernen von Arabisch und Deutsch. Derzeit sind etwa dreißig Gruppen und Einzelpersonen am "sOfa" beteiligt, bald soll es erste Veranstaltungen und einen Raumplan geben.

"Ich kann mir vorstellen, hier auch in Zukunft herzukommen", sagt Nina, 29, die mit ihrer Tochter hier und an Programmen für Kinder interessiert ist. Özlek, die als Köchin in der Nähe arbeitet, freut sich, dass das Bethanien wieder für alle offen sein soll. "Früher gab es hier eine Bücherei, wir haben hier Hochzeiten gefeiert", erzählt sie. "Es ist wichtig, dass das Haus genutzt wird, die Räume nicht leerstehen!"

"Wir sind rundum zufrieden mit dem heutigen Tag", sagt Till, der die Eröffnung mit vorbereitet hat. Der Student gehört zu den AnwohnerInnen, die dem Aufruf der Initiative "Zukunft Bethanien" folgten und seit Oktober an der "sOfa"-Gründung arbeiten. Es seien viel mehr Leute gekommen als erwartet, freut er sich, die "sOfa"-Idee komme gut an.

Mit anderen Entwicklungen sind die InitiatorInnen weniger zufrieden. Obwohl der BVV-Beschluss eindeutig festlegte, dass die AnwohnerInnen einen Raum bekämen, seien ihnen immer wieder Steine in den Weg gelegt worden, berichtet der "sOfa"-Aktivist. Der zuständigeGrundstücksservice des Bezirks stellte sich quer, statt des vorgesehenen Raumes mit 70 Quadratmetern und einer Küche hat das "sOfa" jetzt nur einen kleinen Raum ohne Wasseranschluss.

Till nimmt für die AnwohnerInnen am Runden Tisch teil, den Bezirksbürgermeister Franz Schulz zum Bethanien eingerichtet hat. Viele PolitikerInnen stündendem AnwohnerInnenforum skeptisch gegenüber, sagt er. Vor allem die Kuratoren des Künstlerhauses Bethanien hätten Vorbehalte: "Manche sehen da eine linksradikale Verschwörung drin." Unbegründete Bedenken, meint Till: Das "sOfa" solle bewusst kein Ort der linken Subkultur sein, wie das BesetzerInnenprojekt "New Yorck" im Südflügel. "Damit auch MigrantInnen und politisch weniger Interessierte keine Berührungsängste haben".

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