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BoxenKnock-Out für Castro

Der Comandante ist sauer. Schon wieder haben Sportler einen Wettkampf im Ausland genutzt, um ihrer Heimat den Rücken zu kehren.

Hat sich rausgeboxt: Leichtgewichtler Guillermo Rigondeaux. Er wird demnächst für einen Hamburger Boxstall kämpfen. Bild: reuters

HAMBURG taz Fidel Castro platzte der Kragen: Bei den Panamerikanischen Spielen in Rio de Janeiro in der vergangenen Woche haben sich drei Athleten und ein Trainer von der kubanischen Mannschaft abgesetzt. Prompt griff Kubas kranker Revolutionsführer zur Feder und informierte sein Volk in einem Artikel in der Parteizeitung Granma über die Flucht der beiden Weltklasseboxer Guillermo Rigondeaux und Erislandy Lara, die neben einem erst 19-jährigen Handballer und einem Turntrainer nicht in ihr Land zurückkehrten. Während Handballer Rafael Capote und Turntrainer Lázaro Lamelas in Brasilien bleiben werden, haben Rigondeaux, Doppelolympiasieger im Bantamgewicht, und Weltergewichtsmeister Lara Profiverträge beim Hamburger Arena-Boxstall unterschrieben.

Darüber hat sich der Comandante maßlos aufgeregt. Die deutsche Mafia sei schuld, dass die Sportler das Land verließen, schrieb Fidel Castro in seiner Kolumne. "Die suchen, kaufen und fördern kubanische Boxer in den internationalen Wettkämpfen. Sie setzen raffinierte psychologische Methoden ein und viele Millionen US-Dollar", entrüstete sich der beinahe 81-jährige Berufsrevolutionär. Für Castro, früher selbst ein exzellenter Sportler, sind die erfolgreichen Athleten der Insel "Botschafter der Nation. So warben die Leichtathletin Ana Fidelia Quirot und der Boxweltmeister Félix Savón einst offensiv für das kubanische Gesellschaftsmodell und schlugen lächelnd große Gagen im Ausland aus.

Doch diese heimattreue Generation ist offenbar abgetreten, und die Zahl der kubanischen Staatsamateure, die nicht mehr willens sind, unter den schwierigen Bedingungen in Kuba zu leben und zu trainieren, scheint größer zu werden. Bereits im Juni blieben mit dem kubanischen Stürmerstar Lester Moré und Mittelfeldspieler Osvaldo Alonso zwei Fußballer beim Gold Cup in den Vereinigten Staaten. Sie trainieren derzeit in Los Angeles bei Chivas USA in der Major League Soccer.

Anfang Juli hat sich mit Joel Romero, ein Weltklasseringer, nach dem Grand Prix in Leipzig abgesetzt: Romero steht wiederum im Kontakt mit dem Kubaner Jackson Vaillant Cantero, der seit Jahren für den KSV Witten in der Bundesliga ringt. An Kontakten nach Deutschland scheint es den Kubanern ohnehin nicht zu fehlen. Vor allem die Boxer von der Insel suchen ihr Glück in Deutschland. Nachdem Odlanier Solís, Olympiasieger im Schwergewicht von Athen und mehrfacher Amateurweltmeister, gemeinsam mit Fliegengewichtler Yuriorkis Gamboa und Halbfliegengewichtler Yan Barthelemy sich im April für ein Engagement beim Hamburger Boxstall Arena entschieden haben, folgen ihnen nun auch Rigondeaux und Lara.

Mit der spektakulären Verpflichtung, die Arena-Pressesprecher Malte Müller-Michaelis in Hamburg bekannt gab, wird Hamburg zur zweiten "Finca Holbein Quesada". So heißt das Trainingscamp der kubanischen Boxstaffel vor den Toren Havannas, welches nicht weniger als sieben Faustkämpfer des Arena-Boxstalls von Ahmet Öner durchlaufen haben. Das sind unter anderen Juan Carlos Gomez, der seit Mitte der 90er-Jahre in Deutschland boxt, und Pedro Carrión, der nach dem Ende seiner Amateurkarriere 2004 zu seiner Frau nach Deutschland zog und hier eine späte Profikarriere begann. Über diese beiden Boxer hat Arena wahrscheinlich die Kontakte nach Kuba geknüpft. Diese haben sich jetzt zum zweiten Mal ausgezahlt, denn die Flucht von Rigondeaux und Lara, so Ahmet Öner, sei gut vorbereitet gewesen.

Für Fidel Castro ist das schlicht "Verrat". Rigondeaux und Lara seien zu Söldnern in einer Konsumgesellschaft geworden, schreibt er. Und auch die guten Leistungen der restlichen neun kubanischen Boxer, die immerhin noch fünf Goldmedaillen, eine Silberne und zwei Bronzene erkämpften, werden den Máximo Líder nicht recht getröstet haben. Für ihn ist die Republikflucht von kubanischen Spitzensportlern immer wieder ein schmerzhafter moralischer Knock-out.

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