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ÄngsteDie gelbe Gier

Die China-Hysterie ist zurück. Kaum hat man fünf Jahre alarmistischer "Spiegel"-Titel verkraftet, kommen die Chinesen wirklich - und kopieren, importieren und klauen, was das Zeug hält.

Gelbe Gefahr, trinkend: Und zwar unsere Milch! Bild: dpa

Tiger zum Beispiel. In spätestens zehn Jahren, sagen Experten, werden die Chinesen alle verbliebenen Tiger weggefressen haben, der angeblich potenzsteigernden Wirkung ihrer Penisse wegen. Zwar gibt es in Deutschlands freier Wildbahn keine Tiger. Aber jetzt wissen wir wenigstens, warum. Und Holz. Aber auch Stahlwerke, Architekten, Schwebebahnen und jetzt auch noch Harry Potter. Der Bedarf an nahezu allem scheint ungedeckt zu sein und Chinas Industrie giert nach mehr und mehr und mehr.

Aber der Reihe nach. Es geschah vor einigen Wochen auf dem Versuchsgelände der Schanghaier Universität Tongji. Dort wurde eine chinesische Schwebebahn gesichtet, die dem deutschen Transrapid erheblich ähnelt. Es wird vermutet, dass die Chinesen geheim versuchen, eine eigene Magnetschwebebahn zu bauen - und so die deutschen Urheber ThyssenKrupp und Siemens aus dem Geschäft aussperren. Aus München wurde bislang noch keine Verlustmeldung bekannt, daher ist anzunehmen, dass China technologische Fortschritte macht. Oder eben ganz gezielt deutsche Technologie klaut, wie unlängst im Fall eines Reisebusherstellers, der sich verwundert die Augen rieb, als er eine exakte Kopie seines Modells über Chinas Schlaglochpisten holpern sah.

Mit Sicherheit geklaut wurde nur drei Tage nach Erscheinen des siebten und letzten "Harry Potter"-Bandes dessen Inhalt. Chinas Fälschermühlen mahlen schnell und haben das Ende der Magier-Saga als Paperback auf den Milliardenmarkt geworfen, zum Kampfpreis von 7 Euro - ohne Genehmigung des Verlags, versteht sich. Warum das so konkurrenzlos billig geht? Weil die Bücher natürlich auf deutschem Holz aus deutschen Wäldern gedruckt wurden. Und wo ihm das frische Holz nicht mehr reicht, nimmt der Chinese nun auch das Altpapier.

Vom Kupfer ganz zu schweigen, nach dem Chinas Industrie hungert und das deshalb hierzulande von gedungenen Zulieferern in gefährlicher Kleinarbeit von den Starkstromleitungen der Bahn abgeknibbelt wird - das Kupferrecyclingwerk im westfälischen Lünen musste wegen solcher Umtriebe schon ein Drittel der Belegschaft entlassen.

Wegen kultureller Differenzen vollkommen schief gegangen ist dagegen der dreiste Diebstahl eines anderen westlichen Kulturgutes, der Oper. Besser angekommen im Reich der Mitte sind dagegen ausrangierte Stahlwerke aus dem Ruhrpott sowie eine ausrangierte Ideologie aus deutscher Produktion: der Kommunismus. Daran herrscht in unseren Breiten derzeit zwar wenig Bedarf, doch gehen uns andererseits inzwischen die größenwahnsinnigen Architekten aus. Wo baut denn bitte schön ein Albert Speer jr. seine megalomanischen Luftschlösser? Eben.

Besonders perfide sind die Chinesen übrigens beim Luxusgut Milch vorgegangen, wo sie uns jahrzehntelang eine asiatisch bedingte Unverträglichkeit gegen Lactose vorgaukelten - um sich das weiße Gold jetzt plötzlich hektoliterweise reinzupfeifen. Wie mans auch dreht und wendet: Sie nehmen uns einfach die Butter vom Brot.

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4 Kommentare

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  • KF
    Karl Flönß

    aber aber Anne nicht geleich panisch werden ganz ernst zu nehmen ist der Artikel sicher nicht, aber der offensichtliche diebstahl geistigen Eigentums ist eklatant und wird die investitions freudigen Kozerne noch teuer zu stehen kommen, und das auf kosten der heimischen Wirtschaft.

  • OS
    Ole Scherrer

    Also der Artikel ist wohl kaum todesernst gemeint und spielt wohl eher auf die Stimmung an die einigen Medien versuchen zu kreieren moechten. Gerade dass sehr oft von "den Chinesen" gesprochen wird ist bedenklich, was der Artikel recht gut auffaengt. Er waere vielleicht besser in der Wahrheit aufgehoben.

     

    Allerdings muss ich persoenlich sagen, dass ich ihn nicht besonders gut geschrieben oder lustig finde da er eher auf eine recht simple weise parodiert.

  • L
    Lotte

    Ich finde den Artikel spitze, sehr schön ironisch, so verstehe ich ihn zumindest.

    Selten so gelacht und gleichzeitig geschmunzelt. Wieso wurden wohlin den letzten Jahren so viele Bücher über China geschrieben?!

    Da müssen die Japaner bald auch aufpassen :)

    bestens!

  • AF
    Anne Friebel

    Dieser Artikel hat mich endgueltig zur Kuendigung meines Abos veranlasst. Aehnlich plumpen Rassismus, gepaart mit ueblen Vorurteilen kann mensch heutzutage sonst nur noch in der Jungen Freiheit lesen. Dachte ich. Und in alter Tradition wird mal wieder ein Suendenbock gesucht, diesmal der raffgierige Chinese. Super . Soviel zum angeblich linken Anspruch der taz.