Falsche Bildungspolitik

betr.: „Erfolg in Bayern“, taz vom 2. 11. 05

Absolventen der Berufsoberschule (BOS) erwarben schon immer die fachgebundene Hochschulreife, die ihnen den Zugang zur Universität in bestimmten (der Ausrichtung der vorangegangenen BOS entsprechenden) Fachgebieten ermöglicht hat. Nach Ablegung einer Abiturprüfung in einer zweiten Fremdsprache hat man an der BOS schon immer die Allgemeine Hochschulreife erwerben können mit Zugangsberechtigung zu allen Studiengängen. Aus meinem Abiturjahrgang der BOS Wirtschaft hat nur eine Minderheit einschlägige Studiengänge wie Volks- oder Betriebswirtschaftslehre an der Universität aufgenommen. Es gab vielmehr eine breite Verteilung auf alle möglichen Studiengänge, u. a. auch Medizin und Jura.

Was bleibt dann von der Ankündigung des Kultusministers übrig? Es ist eine Bankrotterklärung des bayerischen Schulsystems. Einige Symptome wie die übereilte und undurchdachte Einführung des G 8, die gnadenlose Auslese nach vier Jahren Grundschule, die mangelnde Durchlässigkeit des Systems und die ungerechte Verteilung der Bildungschancen (siehe Pisa) sind Ausdruck einer falschen Bildungspolitik. Nun wird ausgerechnet dort rumgepfuscht, wo in Bayern etwas Vorbildliches bestand: am Weg zum Abitur für Erwachsene mit entsprechender Berufs- und Lebenserfahrung. Eine Aufnahmebedingung ist nämlich u. a. eine Berufsausbildung, eine Anstellungsprüfung zur Beamtenlaufbahn oder mehrjährige Berufserfahrung. Deshalb wurde BOSlern auch elternunabhängig und nicht rückzahlbar Bafög gewährt. Mich würde z. B. interessieren, ob die BOS alter Prägung auch deswegen verschwinden soll? In einer Zusammenlegung von FOS und BOS kann ich auch mit größter Anstrengung keinen Fortschritt erkennen, ganz im Gegenteil!

MARTIN SCHLOSSBAUER, München