Prozess in Schleswig: Schwierige Zeugen

Was tat der mutmaßliche Terrorhelfer Redouane E. H.? Die Richter erhalten widersprüchliche Aussagen.

Hohe Sicherheit bei Sicherheitsprozess. Sicher ist sicher. Bild: dpa

SCHLESWIG taz "Viele Araber sterben, warum sollen nicht auch andere sterben?" Oder: "Wenn Araber sterben, scheint das normal, wenn andere sterben, dann nicht." Oder: "Egal was passiert auf der Welt, es werden sofort Araber beschuldigt." Einen dieser Sätze soll Redouane E. H. kurz nach dem Bombenattentat in London im Juli 2005 in einem Kieler Gebetshaus gesagt haben.

E. H. steht zurzeit in Schleswig vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 37-Jährigen vor, al-Qaida unterstützt zu haben. Es geht um neun Taten zwischen August 2005 und Juli 2006. Unter anderem soll E. H. Selbstmordattentäter angeworben und Geld an Terrorhelfer überwiesen haben. Außerdem soll er selbst eine terroristische Vereinigung gegründet haben.

In der jetzigen Phase des Prozesses versucht das Gericht, mehr über den Angeklagten zu erfahren. Er hatte bei einer früheren Verhandlung erklärt, dass der Tod seines Bruders ihn zur Religion gebracht habe. Trost habe er in der Kieler Moschee gefunden. Um diese Moschee und E. H.s Verhalten dort ging es gestern.

Zwei Zeugen traten auf, doch ihre Aussagen waren widersprüchlich. Unstrittig ist, dass E. H. nach der Predigt, in der der Vorbeter die Attentate als unislamisch verurteilt hatte, ins Mikrofon sprach. Der erste Zeuge erinnert sich, dass Redouane dem Imam widersprach, eindeutig befürwortet habe er die Attentate aber nicht. Seine erste Aussage vor der Polizei relativierte er: "Ich bin kein Genie in Deutsch." Es ist also unklar, ob der protokollierte Satz: "Araber sterben, warum nicht auch andere?", tatsächlich so fiel. Auf jeden Fall habe es Unruhe gegeben. Redouane habe nicht lange reden können, jemand habe die Sicherung rausgedreht. Der zweite Zeuge, Muhammad K., berichtete, er habe den Strom abgeschaltet - nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil jede Äußerung am Mikrofon vorher abgestimmt werden müsse: "Es geht um die Vorschriften." Hinterher habe K. aber mit E. H. geredet, beide waren sich grundsätzlich einig: "Für jede Tat werden Muslime beschuldigt, das tut weh."

Eine weitere schwierige Zeugin war die Exfrau des Angeklagten: Monika F. leidet unter Depressionen, an viele Details aus der Ehe, die von 1998 bis 2002 dauerte, konnte sie sich nicht mehr erinnern. Sie hätten sich zufällig kennengelernt. F. ist Muslima geworden.

Neu bei ihrer Aussage war, dass Redouane schon Ende der 90er-Jahre religiös gewesen sein soll. Erst als er als Türsteher in einer Disko arbeitete, wandelte sich das: Er sei betrunken nach Hause gekommen und habe sie geschlagen, berichtete F. Nach Redouanes Aussage war er erst durch den Tod seines Bruders religiös geworden. Über Attentate wie die am 11. September wurde laut Monika F. eher gescherzt: "Du bist ja auch so ein Schläfer", habe sie ihrem Mann einmal gesagt - als Witz. Heute wird der Prozess fortgesetzt.

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