Kommentar: Lokführer bleiben in der Familie

Das Zwischenergebnis der Tarifgespräche bei der Bahn ist deshalb gut, weil sich konkurrierende Gewerkschaften zusammenraufen müssen. Das stärkt die Tarifautonomie insgesamt.

Kunden der Bahn wird ein Stein vom Herzen fallen: Bis Ende September werden die Lokführer nicht streiken. Das ist das erste Zwischenergebnis der bisherigen Tarifgespräche zwischen Deutscher Bahn und der Gewerkschaft der Lokführer (GDL). Gut ist dieses Ergebnis aber nicht, weil es zunächst keine Streiks gibt - schließlich sind Streiks ein legitimes Machtmittel der Arbeitnehmer. Gut ist das Zwischenergebnis vor allem, weil es auch künftig im Unternehmen Bahn gleichen Lohn für gleiche Arbeit geben wird und sich konkurrierende Gewerkschaften zusammenraufen müssen. Das ist nicht nur im Interesse der gesamten Belegschaft, sondern stärkt die Tarifautonomie insgesamt.

Aber der Reihe nach: Nach dem Kompromiss soll die GDL zwar einen eigenständigen Tarifvertrag für Lokführer bekommen. Dieser soll aber für alle Lokführer der Bahn gelten und muss zuvor mit den konkurrierenden Gewerkschaften Transnet und GDBA abgestimmt werden. Insofern wird es ein einheitliches Tarifwerk geben - ein Erfolg für das Unternehmen und die GDL-Konkurrenten.

Andererseits dürfte es für Lokführer materielle Verbesserungen geben, die ohne die Warnstreiks und Urabstimmungen der GDL unwahrscheinlich gewesen wären - das ist ein Erfolg der Lokführergewerkschaft. Denkbar sind mehr Lohn für gediente Lokführer, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Eingruppierungen; immerhin soll nun das ganze Eingruppierungssystem bei der Bahn neu justiert werden. Wer zahlt diese Verbesserungen? Erstens die Bahn, die möglicherweise noch einmal draufsattelt; zweitens andere Bahnbeschäftigte, die im Vergleich zu den Lokführern möglicherweise schlechter gestellt werden; und drittens die neu eingestellten Lokführer, die möglicherweise niedriger eingruppiert werden.

All dies zeigt: Der Weg zu einer Einigung, mit der die Bahn und ihre drei Bahngewerkschaften leben können, ist noch lang. In diesem Fall würden die Lokführer in der Bahnfamilie bleiben. Alles andere wäre aber auch nicht wünschenswert: weder für die Lokführer, die Bahn, ihre Kunden noch die Gewerkschaften insgesamt.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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