Malaysia: Die Einheit wird brüchig
50 Jahre nach der Unabhängigkeit nehmen im Vielvölkerstaat die Spannungen zu. Die Regierungspolitik bevorzugt ethnische Malaiien.
BANGKOK taz Nach außen hin zelebriert Malaysia am Freitag stolz 50 Jahre Unabhängigkeit von Großbritannien. Militärparade und Jugend-Marathon sind geplant, die Städte sind mit Glückwunschtransparenten gepflastert, die die nationale Einheit feiern. Dabei ist längst nicht allen im Vielvölkerstaat zum Feiern zumute. Im 26 Millionen-Einwohner-Land - 60 Prozent sind ethnische Malaien, hinzu kommen eine chinesische und indische Minderheit sowie weitere Volksgruppen - kommt es zunehmend zu ethnisch-religiösen Spannungen. "Wenn wir uns den sozialen Zusammenhalt und all die religiösen Probleme anschauen, gibt es eine Menge, worüber wir uns Sorgen machen müssen", so Steven Gan, Chefredakteur der regierungskritischen Onlinezeitung "Malaysiakini".
Schlagzeilen machte jüngst der Fall der Konvertitin Lina Joy. Die Malaiin war bereits vor Jahren zum Christentum übergetreten. Doch diese Entscheidung will Malaysias Justiz nicht anerkennen und forderte Joy auf, sie solle sich einem islamischen Gericht stellen. Doch islamisches Recht verbietet eine Abkehr vom Islam. Zunehmend polarisiert die Religionszugehörigkeit Malaysias Gesellschaft. Für einen landesweiten Aufschrei sorgte kürzlich die Bemerkung von Vizepremier und Verteidigungsminister Najib Razak, Malaysia sei "ein islamischer Staat". Premier Abdullah Badawi bemühte sich eiligst, die Äußerungen seines Vize herunterzuspielen: Malaysia sei weder ein säkularer noch ein theokratischer Staat, sondern eine Vielvölkernation, welche Religionsfreiheit gewähre. Chinesen und Inder fühlen sich dadurch keineswegs beruhigt. Erst vor kurzem erklärte der Politveteran und parlamentarische Oppositionsführer Lim Kit Siang von der chinesisch geprägten "Democratic Action Party", das einstige Bestreben nach einer einheitlichen malaysischen Gesellschaft sei gescheitert.
Wie groß der Wunsch nach nationaler Einheit und Chancengleichheit ist, zeigt ein Bericht des "Asian Strategy and Leadership Institute", der jüngste Umfrageergebnisse zusammenfasst. Viele Befragte zeigten sich besorgt über die wachsende Kluft zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Verschärft haben sich die heutigen Spannungen auch wegen der von der Regierung vor mehr als 30 Jahren initiierten "Neuen Wirtschaftspolitik" (NEP). Seit der Unabhängigkeit hat im Land praktisch eine Partei das Sagen, die "United Malays National Organisation" (Umno). Die NEP sollte die Armut bekämpfen und die ethnischen Malaien gegenüber den wirtschaftlich erfolgreicheren Chinesen oder Indern besser stellen. Kritiker monieren allerdings, dass diese nur dazu diente, den Führungsanspruch der Umno zu zementieren. Der bekannte Oppositionelle Anwar Ibrahim plädiert daher dafür, die NEP-Nachfolgeprogramme einzustellen. Die ärmere Bevölkerung habe nichts davon.
Angesichts der Kritik im eigenen Land verwundert es nicht, dass die Regierung kürzlich äußerst empfindlich auf Äußerungen des EU-Gesandten Thierry Rommel reagierte. Rommel hatte gesagt, die protektionistische Politik der Umno habe lediglich zu Diskriminierung geführt - und löste damit heftige diplomatische Verwicklungen aus.
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