Ökostrom: Windräder sollen leise wirbeln
Für Windkraftanlagen gelten Lärmgrenzen. Werden diese überschritten, können sich Anwohner wehren. Das zeigt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig.
BERLIN taz Anwohner von Windkraftanlagen sollen künftig besser vor Beeinträchtigungen geschützt werden. Das ist die Botschaft eines Urteils, das das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Mittwochabend verkündet hat.
Demnach können Windräder eine unzumutbare Lärmbelästigung für Anwohner darstellen, insbesondere in den Nachtzeiten. Zudem sei auch "eine Küche, die nicht lediglich der Zubereitung der Mahlzeiten, sondern auch dem sonstigen Aufenthalt der Bewohner dient", als lärmschutzbedürftiger Raum anzusehen, so das Gericht.
In dem Fall hatten die Bewohner eines Gehöftes im rheinland-pfälzischen Baumholder gegen eine Windanlage geklagt, die etwa 340 Meter entfernt von ihrem Hof steht und seit einigen Jahren betrieben wird. Der Landkreis Birkenfeld hatte den Bau der Anlage genehmigt, das Verwaltungsgericht Koblenz und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hoben die Genehmigung jedoch wieder auf.
Die Leipziger Bundesrichter bestätigten nun die Vorinstanzen. In dem Verfahren ging es unter anderem um den Geltungsbereich einer Lärmschutzanleitung des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Der Bundesverband Windenergie sieht in dem Urteil allerdings keine neue Bedeutung für die Praxis. "Das Urteil bezieht sich auf einen Einzelfall", sagte Verbandssprecher Matthias Hochstätter am Donnerstag der taz. Das Gericht habe den Status quo bestätigt. Demnach werden Windenergieanlagen bei der Schallentwicklung wie andere Schallquellen, etwa Atomkraftwerke oder Schweinemästereien, beurteilt.
So müsse eine Windkraftanlage von der nächsten Wohnbebauung so weit entfernt stehen, dass der Schallpegel nachts 45 Dezibel nicht überschreite. Dies entspreche der Lautstärke von Blätterrauschen. "Angemessener Schutz vor Schall und Schattenwurf werden die Akzeptanz für Windenergie in der Bevölkerung erhöhen", so Hochstätter. Durch den Ersatz von Altanlagen könne bis 2020 der gesamte Bestand so erneuert werden, dass die Hälfte der Anlagen die doppelte Strommenge produzieren könne. Moderne Windräder seien ohnehin leiser als ältere; und auch für das Problem der nächtlichen Blitze gebe es technische Lösungen.
So würden derzeit Transponder für die Blitzlichtlampen der Windräder entwickelt. Diese sollen dafür sorgen, dass die Blitze nur dann aufleuchten, wenn sie gebraucht werden - weil etwa ein Flugzeug in der Nähe ist.
Für den Naturschutzverband BUND ist die Leipziger Entscheidung ein "bemerkenswertes Urteil", wie Verbandssprecher Rüdiger Rosenthal gegenüber der taz betont. "Das Urteil gibt eine klare Richtung vor: Es darf keine Beeinträchtigungen der Anwohner durch Windkraftanlagen geben." Dies sei offensichtlich nicht überall der Fall. Auch die Politik müsse darüber nachdenken, ob die bisherigen Regelungen zum Schutz der Anwohner ausreichen. Die Windenergie brauche eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. "Sie leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz."
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