Fatah vs. Hamas: Abbas versucht Hamas auszubremsen

Palästinenser-Präsident Abbas ändert das Wahlrechts und lässt Wohlfahrtsvereine der Hamas schließen. Die Hamas kritisiert die Maßnahmen.

Versucht per Erlass die Hamas zu schwächen: Palästinenserpräsident Abbas. Bild: dpa

JERUSALEM taz Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bereitet den Boden für vorgezogene Neuwahlen in den Palästinensergebieten vor. Wie er am Sonntag bekannt gab, hat er per Erlass eine Änderung des Wahlrechts verfügt, die seiner Fatah-Partei einen Vorteil gegenüber der konkurrierenden islamistischen Hamas verschaffen wird. Die kandidierenden Parteien müssen von nun an die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) als die "einzige legitime Vertretung des palästinensischen Volkes" anerkennen. Während Abbas Fatah die Mehrheit in der PLO innehat, gehört die Hamas ihr nicht an. Ferner sieht das neue Wahlrecht nur noch nationale Listen vor. Bislang wurde die Hälfte der Abgeordneten auf Basis der nationalen, die andere Hälfte auf Basis von Bezirkslisten gewählt. Anfang 2006 hatte die Hamas bei den Bezirkswahlen einen klaren Vorsprung für sich verbucht, während sie auf den nationalen Listen fast gleichauf mit der Fatah lag.

Der Erlass des Präsidenten ist ein weiterer Versuch, die Hamas zu schwächen. Erst vergangene Woche hatte Abbas die Schließung von mehr als einhundert Wohlfahrtsorganisationen im Westjordanland angeordnet, die von der Hamas finanziert wurden. Zuvor waren bereits die Bankkonten der Al-Salah-Association, einer der größten islamischen Hilfsorganisationen im Gazastreifen, gesperrt worden. Die Hamas unterhält rund 2.400 Einrichtungen im Westjordanland und im Gazastreifen, darunter Alten- und Waisenheime, Kindergärten und Polikliniken.

Die Palästinensische Autonomiebehörde begründete den Erlass mit dem Argument, die islamistischen Betreiber nutzten die Organisationen zur Geldwäsche. Der Direktor des Gazaer Zentrums für Menschenrechte, Radschi Surani, bezeichnete die Verordnung hingegen als "unerhörten und hässlichen Akt". Für Surani ist die Maßnahme ein "Teil des politischen Kampfes zwischen der Hamas und der Autonomiebehörde" unter Leitung der Fatah. Er verwies darauf, dass die NGOs unabhängige Einrichtungen sind und warnte davor, dass die palästinensische Bevölkerung unter dieser Schließung zu leiden haben wird.

Ein Termin für Neuwahlen in den Palästinensergebieten wurde indes noch nicht bekannt gegeben. "Es wird keine Wahlen allein im Westjordanland geben", erklärte der palästinensische Premierminister Salam Fajad (Fatah). Marwan Barghuti, der Chef der Fatah im Westjordanland, der derzeit in Israel inhaftiert ist, mahnte: "Wir sollten gleichzeitig Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abhalten." Nur durch Wahlen könne die aktuelle Krise beigelegt werden. Die Hamas, die derzeit den Gazastreifen kontrolliert, lehnt vorgezogene Neuwahlen ab. Fausi Barhum, Sprecher der Hamas im Gazastreifen, kritisierte unterdessen die Entscheidung von Abbas, das Wahlgesetz zu verändern. Seine Bewegung werde "diese Politik der Monopolisierung politischer Entscheidungen nicht mittragen", so Barhum. Eine Änderung des Wahlrechts könne nur vom Parlament vorgenommen werden.

Abbas hatte bereits kurz nach der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen eine palästinensische Übergangsregierung mit Sitz in Ramallah eingesetzt, ohne, wie es die vorläufige Verfassung vorsieht, das Parlament zu konsultieren. Die Abgeordneten, die mehrheitlich der Hamas angehören, sind seit dem Machtwechsel in Gaza nicht mehr zusammengekommen. Das vorläufige Grundgesetz gibt dem Präsidenten das Recht, "in Ausnahmefällen" über Verordnungen zu entscheiden, "die einem Gesetz gleichkommen". Diese Erlasse müssen den Abgeordneten in der ersten wieder stattfindenden Parlamentssitzung zur Abstimmung präsentiert werden. Einer aktuellen Umfrage des Jerusalemer Medien- und Kommunikationszentrums (JMCC) zufolge würden sich Abbas und Expremierminister Ismael Hanijeh (Hamas) bei Präsidentschaftswahlen ein knappes Rennen liefern. Abbas, der bei den Wahlen im Januar 2005 eine klare absolute Mehrheit erhielt, nicht zuletzt weil die Hamas damals eine Teilnahme an der Präsidentschaftswahl boykottierte, müsste sich heute demzufolge mit 20,6 Prozent der Stimmen zufriedengeben, während Hanijeh auf immerhin 18,8 Prozent käme, gefolgt von Marwan Barghuti mit 16,6 Prozent der Stimmen. Durch die Entwicklungen im Gazastreifen hat die Hamas, die heute auf 21,6 Prozent kommen würde im Vergleich zu 28,9 Prozent im Juni, deutlich an Popularität eingebüßt. Die Fatah genießt hingegen leichten Aufwind und würde heute 34,4 Prozent der Stimmen bekommen, anstelle von 33,7 im Juni.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.