Irak-Kurs: US-Militärs grübeln über Rückzug

Die US-Kommandeure im Irak haben Truppenreduzierungen in Aussicht gestellt. Grund seien die Auslastung der US-Armee und Erfolge.

"Es gibt Grenzen": US-Sodaten in Mossul Bild: dpa

Die Tür für eine mögliche Reduzierung der US-Truppen im Irak wird immer weiter aufgestoßen. Wenige Tage vor der mit Spannung erwarteten Vorlage seines Lageberichts hat der Kommandeur der US-Streitkräfte im Irak, General David Petraeus, eine Truppenreduzierung in Aussicht gestellt. Im Fernsehsender ABC sagte er am Dienstag, der Rückzug könnte bereits im März beginnen. Der General verwies auf die Grenzen der Leistungsfähigkeit der US-Armee. "Es gibt Grenzen für das, was unsere Armee leisten kann", sagte Petraeus in dem ABC-Interview. Diese Tatsache werde er in seinen Empfehlungen berücksichtigen.

Sein Stellvertreter Raymond Odierno stellte ebenfalls eine Reduzierung der Truppen in Aussicht, argumentiert aber nicht mit den Grenzen der Leistungsfähigkeit der Armee, sondern mit ihren angeblichen Erfolgen.

Eine Entscheidung dazu könnte in den nächsten Monaten fallen. "Die nächsten drei oder vier Monate werden entscheidend sein", sagte der Generalleutnant am Dienstagabend. Wenn sich die Sicherheitslage im Irak weiter verbessere, "können wir mit weniger Truppen auskommen". Die Zahl der Angriffe sei im August auf den niedrigsten Wert seit mehr als einem Jahr zurückgegangen. Nun wolle Odierno zunächst einmal den islamischen Fastenmonat Ramadan abwarten, der Mitte nächste Woche beginnt. Traditionell haben die Aufständischen ihre Angriffe im Ramadan in den letzten Jahren immer verstärkt.

US-Präsident George Bush hatte am Montag bei einem Überraschungsbesuch im Irak ebenfalls angedeutet, dass bei einer verbesserten Sicherheitslage der Irak-Einsatz auch mit deutlich weniger Soldaten aufrechterhalten werden könnte. "Die Sicherheitslage hat sich verändert, so dass nun auch eine innerirakische Versöhnung stattfinden kann", setzte Bush bei seinem anschließenden Australienbesuch noch hinzu. Dort traf er vor Beginn der APEC-Konferenz mit dem australischen Premierminister John Howard zusammen, der letzte Partner aus der einstigen "Koalition der Willigen", der noch im Amt ist.

Weniger optimistisch hatte sich diese Woche der US-Rechnungshof bei seinem Bericht an den Kongress gegeben, der nicht nur Zweifel anmeldet, ob die die Gewalt im Irak tatsächlich abgenommen hat. Die irakische Regierung wird in dem Bericht als "nicht funktionstüchtig" beschrieben. Wichtige Gesetze, wie ein Gesetz über die Verteilung des Ölreichtums oder über die De-Baathifizierung seien nicht verabschiedet worden. Von den 18 vom Kongress formulierten Vorgaben seien elf nicht erreicht worden, lautete das vernichtende Fazit des Rechnungshofes.

Die US-amerikanische Nachrichtenagentur AP stellt eigene Berechnungen an, die die Version der US-Regierung vom Rückgang der Gewalt in Zweifel ziehen. Danach kamen letzten Monat mehr als 1.800 Zivilisten im Irak ums Leben. Damit wäre der August der Monat mit den zweithöchsten Opferzahlen in diesem Jahr.

Bei einem Bombenanschlag in Bagdad wurden am Mittwoch mindestens elf Menschen getötet und 19 verletzt. Der Sprengsatz explodierte an einer Haltestelle für Sammeltaxis, am Rande des schiitischen Stadtteils Sadr City. Bei Anschlägen am Dienstag waren im ganzen Land mindestens 42 Menschen ums Leben gekommen.

Unterdessen ist das irakische Parlament diese Woche wieder aus seiner Sommerpause zurückgekehrt. Bei der ersten Sitzung waren allerdings nur 158 von 275 Abgeordneten anwesend. Eine genaue Tageordnung für die nächsten Sitzungen wurde noch nicht festgelegt. Zwei wichtige anstehende Gesetzesinitiativen, ein neues Ölgesetz und die Frage, ob ehemalige Mitglieder Saddams Baathpartei wieder zu Staatsämtern zugelassen werden dürfen, wurden nicht diskutiert. Stattdessen forderte Mehdi Hafidh, ein unabhängiger Abgeordneter von der Regierung eine Erklärung, was diese eigentlich im Sommer unternommen hat. "Wir erleben überall Massaker, an manchen Orten ist die Cholera ausgebrochen, wir haben eine Menge interner Flüchtlinge, keine Dienstleistungen, keine Sicherheit und keine Arbeit, wo ist unsere Regierung?"

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