Niederlande: Nachfolger für Muslim-Kritikerin

Wie einst Ayaan Hirsi Ali will der niederländische Nochsozialdemokrat Ehsan Jami zu den Rechtspopulisten wechseln.

BERLIN taz Der rechtspopulistische Rand in den Niederlanden sortiert sich neu: Jetzt kündigte der "abtrünnige" frühere Muslim Ehsan Jami an, er erwäge, die regierenden Sozialdemokraten zu verlassen - um der "Partei für die Freiheit" von Geert Wilders beizutreten. Wilders fiel vor kurzem dadurch auf, dass er den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglich und dieses "elende Buch" verbieten lassen wollte.

Jamis Ankündigung weckt Erinnerungen, denn schon einmal haben die niederländischen Sozialdemokraten eine prominente Exmuslimin verloren: Ayaan Hirsi Ali. Die gebürtige Somalierin trat 2002 zur rechtsliberalen VVD über und startete dort eine Kampagne gegen den Islam, den sie als "rückständig" bezeichnete und konsequent mit dem Islamismus gleichsetzte. Seit mehr als einem Jahr lebt Hirsi Ali in den USA - seither ist die Rolle des zürnenden Exmuslims unbesetzt.

Viele ihrer Anhänger hoffen nun, dass der 22-jährige Jami diese Lücke füllen kann, der 1996 mit seiner Familie aus dem Iran floh. Der einflussreiche und ebenfalls iranischstämmige Publizist Afshin Ellian prognostizierte bereits, "Ehsan Jami könnte einflussreicher werden als Ayaan Hirsi Ali".

Bisher sitzt Jami noch für die Sozialdemokraten im Stadtrat von Leidschendam-Voorburg bei Den Haag. Landesweit machte der Student der Betriebswirtschaft von sich reden, als er im Juni ankündigte, er wolle ein "Zentralkomitee für Exmuslime" gründen. Und zwar am 11. September. Jamis Wortwahl erinnert stark an Hirsi Ali. Auch er nennt Mohammed einen "Kriminellen" und bezeichnet den Koran als "rückständig".

Anfang August wurde Jami dann vor seiner Wohnung von drei Männern niedergeschlagen. Seither steht er unter Personenschutz und lebt an einem geheimen Ort. Auch das erinnert an Hirsi Ali.

Aber nicht nur Hirsi Ali hat eine Lücke bei den Rechtspopulisten hinterlassen. Auch die Rolle von Pim Fortuyn ist unbesetzt, der 2002 von einem radikalen Tierschützer ermordet wurde. Die "Liste Pim Fortuyn" ist heillos zerstritten und löst sich demnächst auf. Als Nachfolger Fortuyns will sich nun Geert Wilders profilieren, der 9 von 150 Sitzen bei den Parlamentswahlen im November erringen konnte. Wilders bemüht sich schon seit Monaten um eine Kooperation mit Jami.

Allerdings steht Jami vor dem Problem, dass er nicht nur gläubige Muslime erzürnt, sondern auch andere Exmuslime. Sie wollen nicht mehr an seinem Zentralkomitee teilnehmen, sondern haben gestern eine eigene Gruppe gegründet. Denn Jami würde "die Muslime systematisch beleidigen und stigmatisieren", monierte der ebenfalls iranischstämmige Behnam Taebi, "indem sie als gewalttätig und terroristisch dargestellt werden".

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